Gift nicht nur in Malchin? Streit um Nitrofen-Quelle
04.06.2002, 07:30 UhrWar die Lagerhalle in Malchin die einzige Nitrofen-Quelle oder kam Futtergetreide auch an anderen Orten mit dem giftigen Unkrautvernichtungsmittel in Berührung? Der Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommerns, Till Backhaus, meint, als alleinige Gift-Quelle komme die Malchiner Halle nicht in Frage.
Nach Auffassung des SPD-Politikers ist der Nitrofen-Skandal noch nicht gelöst. Als Beweis führte Backhaus eine geprüft saubere Getreidelieferung eines Öko-Bauern an GS agri im niedersächsischen Cloppenburg an, die als Nitrofen verseuchtes Futter zurückgekommen sei. "Von der endgültigen Aufklärung dieses Futtermittelskandals sind wir also noch weit entfernt", so Backhaus.
Seine Berliner Kollegin Renate Künast (Grüne) sagte dagegen, ihr lägen zurzeit keine Hinweise auf weitere Nitrofen-Quellen vor. Es werde aber weiter intensiv ermittelt.
Auch das niedersächsische Agrarministerium geht weiterhin davon aus, dass die NSP-Lagerhalle in Malchin die einzige Quelle für die Nitrofen-Belastungen ist. Dass das Pflanzengift später auch in anderen Getreidelieferungen an GS agri aufgetaucht sei, lasse sich nach derzeitigem Kenntnisstand mit den aus Malchin herrührenden Verunreinigungen von Lieferfahrzeugen oder den Anlagen bei GS agri zurückführen.
Suche in zehn Bundesländern
Inzwischen wird in zehn Bundesländern nach dem Verbleib von Nitrofen-haltigen Bio-Geflügelprodukten gefahndet. Nach Angaben aus Hessen und Bremen ist ein Großteil der belasteten Produkte bereits verzehrt. Nach Erkenntnissen der niedersächsischen Agrarbehörden wurde seit vorigem November bis in den Monat Mai hinein bundesweit an 93 Betriebe Fleisch geliefert, das vermutlich mit dem verbotenen Pflanzengift belastet gewesen ist. Lieferungen gingen darüber hinaus auch nach Dänemark, Österreich und in die Niederlande. Es handele sich um Fleisch von weit über 100.000 Tieren.
GS agri hatte das belastete Getreide zu Öko-Futter verarbeitet und etwa 550 Tonnen mit Nitrofen verseuchtes Futter an Öko-Betriebe ausgeliefert. Die von der Schließung bedrohte Firma bestreitet, das belastete Futter wissentlich verkauft zu haben.
Das Nitrofen-haltige Geflügelfleisch stammt nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums ausschließlich von Mitgliedern der Bio-Erzeugergemeinschaft "Grüne Wiesen Biohöfe". Mit einem Marktanteil von 80 Prozent gilt sie als Marktführer für Bio-Geflügelfleisch in Deutschland. Die Mitglieder der Erzeugergemeinschaft waren nach bisherigen Erkenntnissen von GS agri seit vorigem November mit verseuchtem Bio-Futter beliefert worden.
Quelle: ntv.de