Politik

Kranke oder Genießer? Streit um Raucher

Die Forderung der Bundesärztekammer, Tabak-Abhängigkeit als Krankheit einzustufen und damit auch die Behandlung besser zu vergüten, stößt beim Spitzenverband der Krankenkassen auf Ablehnung. "Wir sehen hier keinen besonderen Vergütungsbedarf", sagte Verbandssprecher Florian Lanz der "Frankfurter Rundschau". "Beratungsgespräche rund ums Rauchen gehören selbstverständlich zu den Kernaufgaben insbesondere der Hausärzte. Sie werden innerhalb bestehender Pauschalen vergütet."

Lanz verwies darauf, dass die Kassen sich bei dem Thema bereits sehr engagierten, indem sie regelmäßige Gesundheits-Checks sowie Spezialprogramme zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes finanzierten.

Beim Bundesverband der Verbraucherzentralen löste der Vorstoß der Ärztekammer einige Fragen aus. "Ist es sinnvoll, jeden Raucher grundsätzlich zu einem Kranken zu machen?", gab Gesundheitsexperte Stefan Etgeton in der FR zu bedenken. "Und wie will man zwischen Ketten- und Genussrauchern unterscheiden?"

Die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing zeigte sich offen für den Vorschlag: "Eine Bewertung als Lifestyle-Problem, das durch reine Willensanstrengungen oder Gruppengespräche zu beheben wäre, wird dem Problem nicht gerecht", so die SPD-Politikerin. "Wir werden Möglichkeiten prüfen, die Behandlung von Tabakabhängigen noch besser zu finanzieren." Die Tabakentwöhnung werde in Zukunft noch wichtiger.

Industrie: Kranker Vorschlag

Die Zigarettenindustrie reagierte ablehnend. Mit einer Anerkennung der Tabakabhängigkeit als Krankheit würden 20 Millionen Menschen stigmatisiert. "Wer das fordert, erklärt ein Drittel der deutschen Bevölkerung auf einen Schlag als krank", meinte die Geschäftsführerin des Deutschen Zigarettenverbandes, Marianne Tritz. "Ich halte diesen Vorschlag für krank!" Auch Alt-Kanzler Helmut Schmidt oder Gerhard Schröder wären demnach krank. "Als nächstes ist dann der Weinliebhaber krank."

Die Bundesärztekammer forderte, mit der Anerkennung der Tabakabhängigkeit als Krankheit müssten Grundlagen für eine bessere Vergütung bei deren Behandlung geschaffen werden. Nichtraucherkurse seien regional kaum verfügbar und erreichten überwiegend Krankenversicherte mittlerer und höherer Schichten, in denen es weniger Raucher gebe. Mehr getan werden müsse bei der Tabak-Prävention an Haupt- und Berufsschulen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen