Politik

Verstimmung zwischen USA und Türkei Streit um "Völkermord"-Votum

Trotz scharfer Proteste der Türkei und Warnungen der US-Regierung stuft ein US-Kongressausschuss das Massaker an den Armeniern als "Völkermord" ein. Unmittelbar nach der Verabschiedung beruft die Türkei ihren Botschafter zu Konsultationen in die Heimat.

Befürworter und Gegner der Resolution bei der Anhörung im Kongress in Washington.

Befürworter und Gegner der Resolution bei der Anhörung im Kongress in Washington.

(Foto: AP)

Eine Völkermord-Resolution des US-Kongresses zur Verfolgung der Armenier im Osmanischen Reich erschüttert die Beziehungen der Türkei zu Washington. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu warf der Regierung von US-Präsident Barak Obama vor, nicht genug gegen die Resolution unternommen zu haben.

Der US-Kongress müsse einen "historischen Fehler" berichtigen, zitierten türkische Medien Parlamentssprecher Mehmet Ali Sahin. Der Auswärtige Ausschuss im US-Repräsentantenhaus hatte die Resolution, in der die an Armeniern verübten Gräuel als Völkermord bezeichnet werden, am Vortag mit 23 gegen 22 Stimmen angenommen.

In der nicht-bindenden Erklärung fordert der Ausschuss Obama auf, die "systematische und vorsätzliche Auslöschung von 1,5 Millionen Armeniern klar als Völkermord zu qualifizieren". Außerdem solle er sicherstellen, dass die Erinnerung an diese Ereignisse während des Ersten Weltkriegs im Osmanischen Reich Teil der US-Außenpolitik sei. Obama hatte im Wahlkampf angekündigt, das Massaker als Völkermord klassifizieren zu wollen, kam dieser Zusage bisher allerdings nicht  nach.

Türkei ruft Botschafter zurück

Eine Frau und ein Kind trauern über der Leiche eines kleinen Jungen, der bei dem Massakern getötet wurde (Archivfoto von 1915).

Eine Frau und ein Kind trauern über der Leiche eines kleinen Jungen, der bei dem Massakern getötet wurde (Archivfoto von 1915).

(Foto: dpa)

Die Türkei rief ihren Botschafter in Washington zu Konsultationen zurück nach Ankara. "Wir verurteilen diese Resolution, die der türkischen Nation ein Verbrechen anlastet, das sie nicht begangen hat", hieß es in einer Erklärung der türkischen Regierung. Die Resolution verletze die nationale Ehre, sagte Davutoglu.

Nach unterschiedlichen Schätzungen kamen 1915/16 zwischen 200.000 und 1,5 Millionen Armenier im Osmanischen Reich ums Leben. Der Vorwurf des Genozids wird von der Türkei allerdings vehement bestritten. Die christlichen Armenier hätten an der Seite des Kriegsgegners Russland gestanden, heißt es in der Türkei zur Begründung. Im Osmanischen Reich lebten gegen Ende des 19. Jahrhunderts bis zu 2,5 Millionen Armenier. Heute sind sie im Nachfolgestaat Türkei nur noch eine kleine Minderheit.

Armenien begrüßt Votum

Der armenische Außenminister Edward Nalbandjan begrüßte die Resolution. Sie sei "ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Unterbindung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte er in Eriwan.

Zu ähnlicher Verstimmung war es bereits 2007 gekommen, als derselbe US-Kongressausschuss ebenfalls eine Völkermord-Resolution  verabschiedete. Nach heftigem internen Widerstand wurde das Dokument aber nicht im Plenum verhandelt. Die Türkei ist Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs und ein wichtiges NATO-Mitglied. Die USA nutzen unter anderem Stützpunkte in der Türkei, um ihre Truppen im Irak zu versorgen.

US-Außenministerin Hillary Clinton habe sich im Vorfeld gegen die Abstimmung ausgesprochen, meinte ein Sprecher im State Departement. Das Votum könnte die weitere Annäherung zwischen der Türkei und Armenien gefährden.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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