Politik

Raue Zeiten Streit um Zuwanderungsgesetz

Um das Verhalten von Bundespräsident Johannes Rau nach der Bundesratsentscheidung zum Zuwanderungsgesetz wird immer heftiger gestritten. Den Druck der Union auf Rau, das Gesetz nicht zu unterzeichnen, nannte der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck, "unanständig". "Die Drohung an den Bundespräsidenten, wenn es unterzeichnet wird, wird geklagt, ist eine Unverschämtheit", sagte Beck in Berlin. CDU-Chefin Angela Merkel sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", der Streit um die Zuwanderung bleibe ein Wahlkampfthema

Für den Bundespräsidenten müsse es unerheblich sein, ob gegen ein Gesetz gekagt werden sollte, so Beck weiter. Der Präsident überprüfe nach "objektiven Kriterien und nicht nach den Presseerklärungen in irgendwelchen Parteizentralen".

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) habe sich zur "Witzfigur einer Schmierenkomödie" gemacht. Sein begrenztes Aufbegehren sei kalkuliert gewesen. Die Aufregung der Union sei "eine ebenso billige wie abgesprochene Inszenierung".

Zuwanderung bleibt Wahlkampfthema

Die CDU-Vorsitzende Merkel sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", das Thema Zuwanderung werde im Wahlkampf eine Rolle spielen, weil die Menschen die Frage interessiere, wie viel Integration sich Deutschland leisten könne. Bei einem Wahlsieg der Union im September werde das Gesetz umfassend geändert. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck sagte derselben Zeitung , die SPD nehme die Auseinandersetzung im Wahlkampf an

Schönbohm kritisierte unterdessen das Verhalten von Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) erneut scharf. Wowereits Verhalten sei "politisch geschmacklos und rechtlich nicht zu begründen ", sagte Schönbohm dem "Tagesspiegel am Sonntag ".

Historisch einmaliger Eklat

Die Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz hatte im Bundesrat am Freitagnachmittag zu einem historisch einmaligen Eklat geführt. Wowereit wertete ein gespaltenes Votum Brandenburgs als Zustimmung des Bundeslandes.

Während der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) mit Nein gestimmt hatte, votierte Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) für das Gesetz. Ein Bundesland kann in der Länderkammer jedoch nur einheitlich abstimmen. Wowereit richtete sich nach dem "Ja" von Stolpe. Damit passierte das Zuwanderungsgesetz den Bundesrat mit einer Stimme Mehrheit.

Die Ministerpräsidenten der Unions-geführten Länder warfen Wowereit Verfassungsbruch vor und sprachen von einer schweren Verfassungskrise.

Streit um gesplittetes Votum

Das Verfahren zur Stimmabgabe der einzelnen Bundesländer ist in Artikel 51 des Grundgesetzes geregelt. In diesem Artikel heißt es unter Absatz drei: "Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich (...) abgegeben werden."

Aus diesem Artikel folgern die Unions-Ministerpräsidenten, dass Brandenburgs gespaltenes Votum nicht hätte gewertet werden dürfen. Nach der Rechtsauffassung der SPD-geführten Länder liegt die Entscheidung über das Abstimmungsverhalten im Zweifel beim Ministerpräsidenten. Auch unter Verfassungsexperten ist diese Frage umstritten.

Quelle: ntv.de

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