Rot-Grüner Machtkampf Streit verschoben
10.10.2002, 00:08 UhrNach anfänglichem Gerangel um ein viertes Ressort für die Grünen, die Energiekompetenz und die Innen- und Sicherheitspolitik demonstrierten SPD und Grüne nach der heutigen Runde der Koalitionsverhandlungen Geschlossenheit.
Konsens bei Kronzeugenregelung
In der Innen- und Rechtspolitik konnten die Verhandlungspartner weitgehend Einigkeit erzielen. So hätten sich beide Parteien auf die Einführung einer neuen Kronzeugenregelung verständigt, sagte Innenminister Otto Schily (SPD) im Anschluss an die Verhandlungsrunde. Straftätern solle ermöglicht werden, eine mildere Strafe zu bekommen, wenn sie zur Aufklärung von Verbrechen beitragen.
Auch einigten sich die Koalitionspartner darauf, in Ausweispapiere biometrische Merkmale aufzunehmen. Die von den Grünen geforderte Legalisierung des Cannabis-Konsums werde es allerdings nicht geben, so Schily.
Ferner verständigten SPD und Grüne darauf, das bereits beschlossene Zuwanderungsgesetz in allen seinen Aspekten umzusetzen. Zudem will die Koalition den Föderalismus sowie den Staat und das öffentliche Dienstrecht weiter modernisieren.
Schily geht auch davon aus, dass das Justizressort weiterhin von den Sozialdemokraten besetzt wird. es habe von den Grünen keine anders lautenden Wünsche gegeben. Zuvor hatten mehrere Landespolitiker der Grünen das Ministerium für ihre Partei reklamiert. Der Rechtsexperte der Grünen, Volker Beck, sagte es seien gute Ergebniss erzielt worden. "Wir haben uns praktisch überall geeinigt."
Energie-Streit hält an
Im Streit um die Kompetenzen in der Energiepolitik soll es erst am Wochenende zu einer Einigung kommen. Der designierte Minister für Arbeit und Wirtschaft, Wolfgang Clement (SPD), sagte am Rande der Verhandlungen, er werde sich mit Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) über das umstrittene Referat Erneuerbare Energien am Wochenende einigen werden. "Dies ist eine Sache von drei Minuten."
Die Grünen wollen die Energie-Kompetenz ins Umweltministerium übertragen, die SPD will das Referat im Wirtschaftsministerium halten. Grünen-Sprecher Hans Langguth widersprach Clement und sagte, das Problem sei nicht bilateral zwischen den beiden Politikern zu klären. Vielmehr müsse es im Gesamtzusammenhang zu einer Einigung kommen.
Defizit höher als erwartet
Nach Angaben der Grünen muss im Bundeshaushalt 2003 eine deutlich höhere Summe eingespart werden als die bisher von Finanzminister Hans Eichel (SPD) genannten zehn Mrd. Euro. Parteichef Fritz Kuhn nannte am Rande der Verhandlungen die Zahl von 14,2 Mrd. Euro. Die Koalition habe neu gerechnet und sei auf diesen Betrag gekommen. Der Sparkurs von Rot-Grün stehe angesichts dieser Summe nicht zur Disposition.
Eichel hatte zuvor zur Erreichung seines Sparziels von zehn Milliarden Euro eine Liste mit Sparvorschlägen vorgelegt, die vor allem Wirtschaft und Arbeitnehmer zur Kasse bitten. Bisher seien sich die Regierungspartner über Einsparungen in Höhe von rund vier Milliarden Euro einig.
Eichels Sparvorschläge gingen "quer durch den Gemüsegarten", wurde betont. Er denke an drastische Subventionskürzungen, Abbau von Steuervergünstigungen, einen radikalen Umbau der Förderung zur Vermögensbildung für Arbeitnehmer sowie - trotz aller Dementis - eine Mindestbesteuerung der Kapitalgesellschaften. Im Gespräch waren auch Abstriche bei der Eigenheimzulage, die offenbar um Milliardenbeträge gekürzt werden soll.
Beschlossen sei allerdings "wirklich noch nichts", betonten die Kreise. Endgültige Entscheidungen sollen am Wochenende fallen.
Quelle: ntv.de