Ein Kreuz mit dem Kreuz in Polen Streit vor Präsidentenpalast
11.08.2010, 08:37 Uhr
Die Kaczynski-Getreuen lassen niemanden ans Kreuz.
(Foto: dpa)
Ein Holzkreuz erregt in Polen die Gemüter. Es steht vor dem Präsidentenpalast und erinnert an den tödlich verunglückten Präsidenten Lech Kaczynski. Getrennt durch Polizei und Barrikaden demonstrieren nun täglich tausende Gegner und Befürworter des Kreuzes.
Der Streit um ein vor dem polnischen Präsidentenpalast stehendes großes Holzkreuz zur Erinnerung an den bei einem Flugzeugunglück gestorbenen Staatschef Lech Kaczynski spitzt sich zu: Am Dienstagabend demonstrierten in Warschau getrennt von Holzbarrikaden und einer Polizeikette sowohl Gegner als auch Befürworter des Kreuzes.
Nach Polizeiangaben zogen etwa tausend Anhänger Kaczynskis von einer Kirche aus zu dem Kreuz. Sie wollen, dass das Kreuz bis zur Errichtung eines Mahnmals für Kaczynski und die anderen Opfer des Flugzeugabsturzes vom April vor dem Präsidentenpalast bleibt. Die Gegner argumentieren dagegen, dass das Kreuz ein kirchliches Symbol sei und in eine Kirche und nicht vor den Präsidentenpalast eines laizistischen Staates gehöre.
Bereits in der Nacht zum Dienstag hatten tausende überwiegend junge Menschen stundenlang gegen das Verbleiben des Kreuzes vor dem Amtssitz des neuen Präsidenten, Bronislaw Komorowski, demonstriert. In Sprechchören forderten sie eine Räumung des religiösen Symbols, das nach ihrer Auffassung das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche verletzt. Anhänger und Gegner des Kreuzes beschimpften sich gegenseitig, es kam vereinzelt zu Handgreiflichkeiten. Starke Polizeikräfte verhinderten Zusammenstöße.
Öl ins Feuer
Nun legte auch noch Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski am umstrittenen Ort vor dem Präsidentenpalast zum Gedenken an den Absturz vor vier Monaten einen Blumenkranz nieder. Kaczynski-Anhänger, die das Holzkreuz Tag und Nacht bewachen, spendeten dem national-konservativen Oppositionsführer Beifall und riefen "Jaroslaw, Jaroslaw".
Der Streit um das Kreuz ist Ausdruck eines scharfen Konflikts zwischen dem liberal-konservativen Lagers um Regierungschef Donald Tusk und Komorowski einerseits und den National-Konservativen um Jaroslaw Kaczynski andererseits. Mit Vorwürfen, Tusk und Komorowski hätten eine Mitschuld am Unglückstod seines Bruders, will Kaczynski nach der Niederlage beim Rennen um das Präsidentenamt seine Wähler vor der Kommunalwahl im Herbst mobilisieren.
Beim Absturz der polnischen Präsidentenmaschine am 10. April in Russland waren Kaczynski, seine Frau Maria und 94 andere prominente Politiker, Militärs und Geistliche ums Leben gekommen. Das Holzkreuz wurde unmittelbar nach der Flugzeugkatastrophe von polnischen Pfadfindern aufgestellt. Es sollte eigentlich in der vergangenen Woche in eine nahegelegene Kirche gebracht werden. Anhänger des ehemaligen Präsidenten mobil wollen mit einer ständigen Wache am Kreuz den Abtransport verhindern.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa