Heftige Gefechte im Norden Syriens Sturm auf Aleppo steht bevor
25.07.2012, 08:58 UhrDas Assad-Regime will verlorenes Terrain zurückgewinnen. Nach dem Verlust mehrerer Viertel der Stadt Aleppo schickt die Regierung weitere 2000 hochgerüstete Soldaten ins Gefecht. Die Lage im Norden des Landes wird immer brenzliger. Aus Sicherheitsgründen schließt die Türkei jetzt ihre Grenze.

Kräfte der freien syrischen Armee konnte in Aleppo zuletzt Erfolge feiern. Jetzt droht das Regime zurückzuschlagen.
(Foto: dpa)
Die syrische Armee mobilisiert ihre Kräfte für einen Sturm auf Aleppo: Nach Angaben der Oppositionstruppen hat das Regime von Präsident Baschar al-Assad rund 2000 voll ausgerüstete Soldaten mit Panzern und Artillerie aus Idlib abgezogen und nach Aleppo in Marsch gesetzt.
Schon am Dienstag gab es laut der Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter und Rebellen schwere Gefechte in Teilen der Finanzmetropole. Kampfhubschrauber und Panzer beschossen danach Vorstädte, in denen die Aufständischen in den vergangenen Tagen die Kontrolle übernommen hatten. Mittlerweile hätten die Gefechte auch die Altstadt erreicht. Umkämpft waren unter anderen auch das Einwohnermeldeamt und das lokale Hauptquartier der regierenden Baath-Partei.
Hubschrauberangriffe auf Damaskus' Vorstädte
Auch in anderen Landesteilen wurde die Lage immer unübersichtlicher. Die Türkei reagierte und gab am Morgen bekannt, die Grenze aus Sicherheitsgründen vor allem für den Güterverkehr zu schließen. Aus Ankara hieß es, Oppositionelle hätten dort am Wochenende 30 Lastwagen angegriffen und ausgeraubt. Die Fahrer konnten sich mit Mühe auf die türkische Seite retten.
Lastwagen, die Syrien nur als Transitland nutzen wollten, dürften die Grenze weiterhin passieren, sagte der türkische Wirtschaftsminister Zafer Çaglayan. Ausnahmen gebe es auch für Lastwagen aus Syrien, die Güter zur Versorgung der Bevölkerung aus der Türkei holen wollten.
Anders als in Aleppo konnten die Truppen des Regimes nach Regierungsangaben Damaskus wieder weitgehend unter ihre Kontrolle bringen. Vororte sind aber zum Teil noch in der Hand der Rebellen. Oppositionellen und Anwohnern zufolge geriet in der Nacht darum nun Al-Tel schwer unter Beschuss. Hunderte Familien mussten angeblich fliehen, weil die syrische Armee auch Wohnhäuser des 100.000-Einwohner-Ortes angriff. "Militärhubschrauber fliegen über der Stadt. Die Leute sind durch die Explosionen wachgeworden und versuchen, wegzukommen", sagte ein Oppositioneller.
In Hama haben Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten in eine Menge von Gläubigen geschossen, die am Abend zum Ramadan-Gebet eine Moschee betraten. Dabei seien 25 Menschen getötet und mindestens zehn verletzt worden.
Zerfall der Führungsspitze schreitet voran
Der desertierte Brigadegeneral und frühere Freund von Präsident Assad, Manaf Tlas, warf den Truppen Verbrechen vor. Das Regime sei korrupt, sagte der ins Ausland geflohene Tlas dem Sender Al-Arabija. Es waren die ersten öffentlichen Äußerungen des ehemals hochrangigen Kommandeurs der Republikanischen Garden. Tlas war als einer der wenigen sunnitischen Muslime Teil des innersten Machtzirkels um Assad, der größtenteils aus Alawiten besteht.
Wie er haben sich schon Dutzende hochrangige Militärs abgesetzt, unter anderen als Reaktion auf Massaker der Regierungstruppen. Jüngst sagte sich nach Angaben des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira auch die syrische Geschäftsträgerin in Zypern, Lamia al-Hariri, vom Regime los - die Nichte des syrischen Vizepräsidenten Faruk al-Scharaa.
Im Ausland wächst angesichts der verzweifelten Kämpfe und dem Zerfall der Führungsriege die Überzeugung, dass das Ende des Assad-Regimes naht. US-Außenministerin Hillary Clinton forderte die Opposition auf, sich auf die Zeit nach dem Ende Assads vorzubereiten. Clinton sagte, die Opposition müsse damit beginnen, eine Übergangsregierung aufzubauen. Die USA wünschten sich ein "demokratisches, friedliches und pluralistisches" Syrien.
Quelle: ntv.de, ieh/dpa/AFP