Politik

Erzbischöfliche Scharia-Idee Sturm der Entrüstung

Das geistliche Oberhaupt der Anglikanischen Kirche hat in Großbritannien für einen Aufschrei der Empörung gesorgt und die Debatte über die Integration der rund 1,7 Muslime geschürt. Der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, hatte vorgeschlagen, Teile der Scharia für Muslime in Großbritannien als Rechtspraxis anzuerkennen.

Wie zahlreiche andere Politiker ging auch Premierminister Gordon Brown umgehend und deutlich auf Distanz zu dem Kirchenführer, der das geistliche Oberhaupt von weltweit rund 80 Millionen anglikanischen Gläubigen ist. Die britische Gesetzgebung werde "stets auf britischen Werten beruhen", erklärte der Regierungschef. Dass Muslime die Vorschriften der Scharia beachten wollen, könne "weder als Rechtfertigung für Verstöße gegen englisches Recht gelten, noch dürfen Scharia-Grundsätze bei der Lösung von Streitfragen vor Zivilgerichten anerkannt werden".

Die konservative "Times" nannte die erzbischöflichen Vorschlag einen "schweren Fehler". Es sei "lebenswichtig für die Demokratie, dass es ein Gesetz gibt, das für jeden gilt", kommentierte das Blatt. "Menschen verschiedener Religionen - Juden, Hindus, Sikhs - haben sich glücklich in Großbritannien niedergelassen, ohne neue Gesetze für sich selbst zu fordern. Es wäre sinnvoller zu fragen, wie man mehr Muslimen helfen kann, sich erfolgreich in unsere tolerante Kultur zu integrieren, als Veränderungen in dieser Kultur zu verlangen, um Vorstellungen zu entsprechen, mit denen Teile der muslimischen Gemeinde besser zurecht kommen."

Williams hatte es in einem Interview der BBC als "unvermeidlich" bezeichnet, dass Elemente der Scharia im britischen Zivilrecht anerkannt werden. Das Vereinte Königreich müsse "der Tatsache ins Auge blicken", dass sich einige der Bürger nicht mit britischem Recht identifizierten, sagte der Erzbischof. Einige Aspekte der Scharia zu übernehmen, könne helfen, soziale Spannungen zu vermeiden. Muslime sollten so beispielsweise bei Ehe- oder Finanzstreitfällen zwischen den Rechtssystemen wählen können.

Die Scharia müsse besser verstanden werden, forderte der Kirchenführer. Es gebe jedoch auch unhaltbare Aspekte, wie zum Beispiel die Behandlung der Frauen. "Niemand, der recht bei Sinnen ist, will in diesem Land die Unmenschlichkeiten sehen, die mit der Praxis des Rechts in einigen islamischen Staaten verbunden ist." Staaten, die eine Form der Scharia als Staatsrecht haben, ahnden oft auch Ehebruch, Homosexualität oder den Abfall vom islamischen Glauben mit dem Tod.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen