AKW Obrigheim Südwest-Grüne machen Krach
15.10.2002, 09:19 UhrDie baden-württembergischen Grünen lehnen die Einigung zur Verlängerung der Laufzeit des Atomkraftwerks Obrigheim ab. Der Landesvorstand halte die Entscheidung für falsch, sagte Landeschef Andreas Braun den "Stuttgarter Nachrichten".
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) werde aufgefordert, dem Landesvorstand noch vor dem für Freitag und Samstag geplanten Bundesparteitag der Grünen in Bremen Rede und Antwort zu stehen. Ein entsprechender Beschluss sei im Landesvorstand einstimmig gefallen, sagte Braun.
Am Montag hatte Trittin mitgeteilt, dass Obrigheim zwei Jahre länger am Netz bleiben darf als geplant. Darauf hätten sich Bundeskanzleramt, Umwelt- und Wirtschaftsministerium geeinigt. Der Betreiber Energie Baden-Württemberg (EnBW) hatte eine Verlängerung der Laufzeit beantragt.
Die Zustimmung zu dem EnBW-Antrag beruhe auf einer Zusage von Bundeskanzler Gerhard Schröder an EnBW, sagte Trittin.
Das Umweltministerium habe dem EnBW-Antrag unter mehreren Maßgaben zugestimmt. So würden nicht wie von EnBW beantragt von dem neuen Atomkraftwerk Neckarwestheim II Strommengen auf Obrigheim übertragen, sondern von dem wesentlich älteren Meiler Philippsburg I. Außerdem dürften nicht 15 Terrawattstunden, sondern nur 5,5 Terrawattstunden übertragen werden. Dies entspreche einer zusätzlichen Laufzeit von zwei Jahren für Obrigheim. Entsprechend verkürze sich die Laufzeit des 22 Jahre alten Atomkraftwerks Philippsburg.
Umweltschützer kritisierten die Entscheidung der Bundesregierung. "Jetzt wird auch den größten Optimisten klar - der Atomausstieg ist eine Lüge", erklärte Greenpeace. Der Naturschutzbund NABU sprach von einem faulen Kompromiss. Obrigheim sei nicht nur das unsicherste aller deutschen Atomkraftwerke, sondern habe auch den schlampigsten Betreiber, sagte NABU-Präsident Jochen Flasbarth.
Ermittlungen gegen Manager des AKW
Unterdessen hegt auch die Staatsanwaltschaft Zweifel am ordnungsgemäßen Betrieb des ältesten deutschen Atomkraftwerks. Die Staatsanwaltschaft in Mosbach habe als Ergebnis eines fachlichen Gutachtens Ermittlungen gegen die Führungsspitze des Kraftwerks eingeleitet, sagte Oberstaatsanwalt Martin Zöllner am Montag.
Es gehe um den Vorwurf des "unerlaubten Betreibens einer kerntechnischen Anlage", der nach dem Strafgesetzbuch geahndet wird. Dieser Tatbestand sei auch dann erfüllt, wenn die Anlage wesentlich von der ursprünglichen Genehmigung abweiche, sagte Zöllner. Gegen den Betreiber selbst werde derzeit nicht ermittelt, betonte der Staatsanwalt.
Quelle: ntv.de