Sieg für Birmas Freiheitskämpferin Suu Kyi zieht ins Parlament ein
01.04.2012, 20:23 Uhr
Birmas Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi gewinnt bei den Nachwahlen einen Sitz und kann ins Parlament einziehen. Die Partei beruft sich auf die öffentliche Stimmauszählung. Danach gewinnt Suu Kyi in 112 von 129 Wahllokalen in ihrem Wahlkreis. Eine offizielle Bekanntgabe der Wahlkommission wird erst in einigen Tagen erwartet.
Nach Jahrzehnten des politischen Kampfes hat Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi nach Angaben ihrer Partei einen historischen Wahlsieg errungen und den Sprung ins Parlament geschafft. Suu Kyi habe in ihrem Wahlkreis Kawhmu 99 Prozent der Stimmen erzielt, sagte ein führender Vertreter der Nationalen Liga für Demokratie (NLD). Vor der Parteizentrale in Rangun feierten tausende Anhänger der 66-Jährigen.
NLD-Vertreter Soe Win berief sich bei seinen Angaben zu Suu Kyis Sieg auf eigene Auswertungen der Partei. Die NLD liege bei allen insgesamt 44 Mandaten, um die sich Kandidaten der Partei beworben hatten, in Führung. Eine unabhängige Bestätigung lag nicht vor, offizielle Ergebnisse werden binnen einer Woche erwartet.
Die Friedensnobelpreisträgerin galt bei der Nachwahl aber als klare Favoritin in ihrem Wahlkreis. Dort standen die Wähler schon am frühen Morgen vor den Wahllokalen Schlange. Die 66-Jährige, die in den vergangenen Tagen gesundheitlich angeschlagen war, zeigte sich am Sonntag in ihrem Wahlkreis in einem roten Kleid und schien erholt. In Rangun jubelte einer ihrer Anhänger vor der Parteizentrale: "Wir haben so lange auf diesen Tag gewartet. Ich bin so glücklich."
Bei der Wahl ging es um 45 Mandate: 37 im Unterhaus, sechs im Oberhaus und zwei in Regionalversammlungen. Diese wurden frei, nachdem Abgeordnete nach der umstrittenen Wahl vom November 2010 in Regierungsämter wechselten. Die NLD bewarb sich um 44 der 45 Mandate.
Junta verhinderte einst die Machtübernahme
Es war Suu Kyis erste Kandidatur für einen Parlamentssitz. Sie saß zwischen 1990 und 2010 die meiste Zeit im Gefängnis oder stand unter Hausarrest. Die NLD hatte die Parlamentswahl 1990 gewonnen, doch verhinderte die Militärjunta damals die Regierungsübernahme der Partei.
Kurz nach den umstrittenen Wahlen im November 2010 wurde Suu Kyi freigelassen. Die herrschende Militärjunta löste sich Monate später auf und übergab die Macht an eine formal zivile Regierung unter dem früheren General Thein Sein, die zur Überraschung von Beobachtern eine Reihe von Reformen zur politischen Öffnung des Landes einleitete.
Die Nachwahl wird die breite Parlamentsmehrheit der birmanischen Führung nicht gefährden. Sie gilt aber als wichtiger Test dafür, ob die Regierung ihre Reformen ernst meint. Anders als 2010 waren auch ausländische Beobachter zu der Wahl zugelassen. Bei einer fairen Wahl könnten die vom Westen gegen das Land verhängten Sanktionen gelockert oder sogar aufgehoben werden.
Stimmzettel offenbar manipuliert
Die NLD beklagte aber zahlreiche Unregelmäßigkeiten. Aus dem gesamten Land seien Beschwerden über die Manipulation von Stimmzetteln eingegangen, sagte NLD-Sprecher Nyan Win AFP. Auf Stimmzetteln sei das Feld für die NLD mit Wachs präpariert worden, so dass sich ein Kreuz dort nachträglich leicht entfernen lasse.
Auch Suu Kyi selbst hatte während des Wahlkampfs immer wieder Behinderungen beklagt. Der Generalsekretär der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN, die Wahlbeobachter ins Land geschickt hatte, sagte aber, im Großen und Ganzen verlaufe die Wahl gut. "Ich habe nichts Ernstes gehört", sagte Surin Pitsuwan. EU-Wahlbeobachterin Malgorzata Wasilewska sprach nach dem Besuch von mehreren Wahllokalen von "sehr ermutigenden Zeichen". Noch könne aber nicht gesagt werden, ob die Wahl glaubhaft sei.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa