Politik

UN-Chemiewaffeninspekteure verlassen das Land Syrien erwartet westlichen Angriff

In Syrien läuft die Verteidigungspropaganda auf Hochtouren.

In Syrien läuft die Verteidigungspropaganda auf Hochtouren.

(Foto: REUTERS)

Die USA weichen von ihrem Vorhaben, einen Militärschlag gegen Syrien zu führen, nicht ab. Noch allerdings zögert Präsident Obama eine endgültige Entscheidung darüber hinaus. Die Führung in Damaskus rechnet "jeden Moment" mit einer Militärintervention. Zumal die letzen UN-Chemiewaffenexperten die Grenze zum Libanon überschritten haben.

Nach der Ausreise der Chemiewaffenexperten der Vereinten Nationen rechnet die syrische Führung mit einem baldigen Angriff westlicher Truppen auf das Land. Der Beginn des Einsatzes werde "jeden Moment" erwartet, sagte ein Vertreter der Sicherheitskräfte der Nachrichtenagentur AFP. "Wir sind auch jederzeit zur Vergeltung bereit", fügte er hinzu.

Die UN-Experten waren am frühen Morgen aus Syrien in den Libanon ausgereist. Nach Angaben von Augenzeugen trafen sie am Vormittag am internationalen Flughafen der libanesischen Hauptstadt Beirut ein. Zuvor hatte der Autokonvoi die syrisch-libanesische Grenze bei Masnaa überquert. Die Inspekteure wollten von Beirut aus nach Europa weiterreisen.

Sie sollten ihrem Mandat zufolge herausfinden, ob im syrischen Bürgerkrieg Chemiewaffen eingesetzt wurden, nicht aber, durch wen. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist noch unklar, wann ein Untersuchungsbericht veröffentlicht werden kann. Aus westlichen Diplomatenkreisen hieß es jedoch am Freitag, es werde mindestens 10 bis 14 Tage dauern, bis die Ergebnisse vorliegen könnten.

Obama zögert mit Angriff

Die USA sind allerdings schon jetzt überzeugt, dass das syrische Regime am 21. August chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt hat. Dafür gibt es laut Außenminister John Kerry "klare und schlüssige" Beweise. Die Frage sei nicht mehr, was bekannt sei, sondern was die Welt nun gemeinschaftlich dagegen unternehmen wolle, sagte Kerry. Bei dem Angriff seien 1429 Menschen getötet worden, darunter mindestens 426 Kinder. Dies sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, betonte Kerry.

US-Präsident Barack Obama erwägt deshalb einen "begrenzten" und "eingeschränkten" Einsatz in dem Land, der auf das Problem chemischer Waffen in Syrien "zugeschnitten und fokussiert sei". Er habe jedoch noch keine Entscheidung über eine Militärintervention getroffen, sagte Obama am Freitag in Washington.

Was auch immer die USA unternähmen, es sei keine "große Operation", sagte Obama. "Ein unbefristetes Engagement ziehen wir nicht in Erwägung." Es würden auch keine Bodentruppen eingesetzt. Eine US-Antwort auf die Geschehnisse in Damaskus solle sicherstellen, dass Syrien und die Welt verstehe, dass die Nutzung von Chemiewaffen nicht zugelassen werde. Zudem bestehe das Risiko, dass solche Waffen auch in die Hände von Terroristen fielen und später einmal "gegen uns" verwendet würden, sagte Obama.

Obama hatte einen Einsatz chemischer Waffen in Syrien zur "roten Linie" erklärt. Er wolle seine Entscheidung von den "Interessen" der Vereinigten Staaten abhängig machen, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin des Weißen Hauses, Caitlin Hayden.

Kritik aus Russland, Unterstützung aus Paris

In der Nacht hatte Russland seine Waffenlieferungen an Syrien Medienberichten zufolge gestoppt - angeblich, weil das Regime in Damaskus Rechnungen nicht bezahlt. Nach dem Eingang der ersten Raten habe die Assad-Administration die Zahlungen unvermittelt ausgesetzt, sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des staatlichen Rüstungskonzerns Rosoboronexport der russischen Tageszeitung "Kommersant".

Die geplanten Lieferungen von zwölf Kampfjets vom Typ MiG-29M/M2 sowie insgesamt sechs hochmodernen Raketenabwehrsystem S-300 PMU-2 und 36 Trainingsflugzeugen Jak-130 seien auf Eis gelegt worden. Es gebe aber keinen politischen Hintergrund, sagte der Mitarbeiter. "Wir hoffen, dass die Verträge in vollem Umfang erfüllt werden können." Die UN-Vetomacht Russland hatte die Lieferungen damit begründet, dass es kein bindendes Waffenembargo gegen Syrien gebe.

Aus dem russischen Außenministerium hieß es in der Nacht zu Obamas Aussagen: Die Drohungen der USA seien "unannehmbar". Sogar enge Verbündete der USA würden sich für ein ruhiges Abwägen der weiteren Schritte aussprechen. "Das einseitige Anwenden von Gewalt unter Umgehung des Weltsicherheitsrats bedeutet ein Verstoß gegen internationales Recht, erschwert eine politische Lösung und bringt nur weitere Opfer", betonte Ministeriumssprecher Alexander Lukaschewitsch. Russland ist ein enger Verbündeter Syriens.

Frankreichs Präsident François Hollande stützt die Analyse der USA über den Chemiewaffen-Einsatz in Syrien. In einem Telefongespräch mit Obama habe Hollande an Frankreichs große Entschlossenheit erinnert. "Frankreich wird diese Verbrechen nicht ungestraft lassen und fühlt die gleiche Entschlossenheit aufseiten Obamas", zitierte die Nachrichtenagentur AFP aus Hollandes Umgebung.

Quelle: ntv.de, wne/sba/dpa/AFP

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