Deserteure fliehen in die Türkei Syrien sperrt UN-Nothelferin aus
29.02.2012, 21:55 UhrWährend der Aderlass der syrischen Armee langsam vonstatten geht und sich dutzende Deserteure in die Türkei absetzen, verweigert die Regierung in Damaskus einem der höchsten Repräsentanten der Vereinten Nationen jegliche Aufmerksamkeit. Es geht um die UN-Nothilfekoordinatorin Amos, die von Generalsekretär Ban nach Syrien geschickt wurde.
Trotz eines offiziellen Auftrags von UN- Generalsekretär Ban Ki Moon wird UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos von den syrischen Behörden hingehalten. Die Britin, die seit Tagen in der Region ist, wird von den Machthabern in Damaskus nicht empfangen. Eine grundsätzliche Ablehnung gebe es zwar nicht, sagte ein UN-Sprecher. Aber trotzdem finden die syrischen Behörden angeblich keinen Termin für die Diplomatin, die zu den höchsten Repräsentanten der Weltorganisation gehört.
"Ich bin tief enttäuscht, dass ich Syrien nicht besuchen kann", erklärte Amos. Sie habe mehrfach syrische Offizielle um Termine gebeten, um die humanitäre Lage in dem seit fast einem Jahr von schweren Kämpfen heimgesuchten Land zu besprechen. Zudem hatte sie auf ungehinderten Zugang für Helfer gedrängt. "Angesichts der sich verschlechternden Lage mit einem steigenden Bedarf an Medizin, Nahrung und grundlegenden Gütern ist Hilfe die höchste Priorität."
Berichte über Bodenoffensive
Derweil starten syrische Truppen nach Angaben der Oppositionellen nach fast einmonatiger Belagerung in einem Stadtviertel von Homs eine Bodenoffensive. Die Infanterie-Einheiten versuchten offenbar, das Viertel Baba Amro zu überrennen, sagte ein Aktivist. Er berichtete von heftigen Kämpfen mit Maschinengewehrfeuer. Baba Amro sei schon mehrfach unter starken Beschuss geraten.
Die Angaben aus Baba Amro können nur schwer überprüft werden, weil die syrische Regierung die Berichterstattung aus dem Land stark einschränkt. Oppositionellen zufolge kamen in Homs bei der Belagerung von Rebellenvierteln bereits Hunderte Menschen ums Leben.
Im UN-Sicherheitsrat gingen die Bemühungen weiter, eine Resolution gegen Syriens Staatschef Baschar al-Assad zu verabschieden. Russland und China lehnten die bisherigen Entwürfe ab. In der Resolution wird Assad für die Krise verantwortlich gemacht. Diese Sichtweise hat der langjährige Assad-Verbündete Russland bislang entschieden zurückgewiesen.
Journalistenrettung gelingt nicht
Eine Rettungsaktion für zwei in Homs verletzte Journalisten aus dem Westen ist nach Angaben syrischer Deserteure missglückt, weil die Truppen des Regimes davon erfahren hatten. "Sie hatten offensichtlich Wind davon bekommen, wann und wie die Aktion ablaufen sollte", sagte ein mutmaßliches Mitglied der sogenannten Freien Syrischen Armee auf Al-Dschasira.
Assads Truppen hätten die Deserteure, die mit dem britischen Fotografen Paul Conroy und der französischen Reporterin Edith Bouvier in der Nacht zum Dienstag in Richtung libanesische Grenze unterwegs waren, mit Artilleriegeschützen angegriffen, berichtete das mutmaßliche Armee-Mitglied weiter. Dabei seien zwei Deserteure getötet worden. Ein Teil der Gruppe habe mit Conroy die Grenze erreicht. Ein anderer Teil habe Bouvier, die wegen einer Beinverletzung nicht laufen kann, zurück nach Homs gebracht.
Soldaten gehen von der Fahne
Derweil schwindet die Unterstützung für das Assad-Regime immer mehr, langsam aber stetig steigt die Zahl der syrischen Soldaten, die wegen der brutalen Unterdrückung der Protestbewegung desertieren. Allein am Mittwoch sollen nach Angaben der Aktivisten mehr als drei Dutzend Deserteure in die Türkei geflohen sein, darunter mehrere Offiziere. In den Tagen zuvor seien im Schnitt vier Soldaten pro Tag über die Grenze gekommen.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP