Politik

Diktator Assad beugt sich dem Druck Syrien will alle Chemiewaffen zeigen

UN-Experten nahmen Proben nach einem Giftgaseinsatz in Syrien. Nun sollen Fachleute die Waffenlager sehen dürfen.

UN-Experten nahmen Proben nach einem Giftgaseinsatz in Syrien. Nun sollen Fachleute die Waffenlager sehen dürfen.

(Foto: AP)

In der Syrien-Krise geht es Schlag auf Schlag: Noch bevor der UN-Sicherheitsrat sich treffen kann, verspricht das Regime, internationalen Kontrolleuren alle chemischen Waffen zu zeigen. Damit kommt Diktator Assad harten Regeln und einem Militärangriff zuvor. Ob er es ernst meint, oder nur Ungemach vermeiden will - niemand weiß es.

Syrien lenkt immer mehr ein, um einem militärischen Angriff aus dem Weg zu gehen. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad will der internationalen Gemeinschaft Zugang zu allen Depots mit Chemiewaffen verschaffen. Das Land werde außerdem die Produktion einstellen und sich von allen chemischen Waffen trennen, sagte Außenminister Walid al-Muallim nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Der neuen Offenheit will die Regierung Ausdruck verleihen, indem Syrien der internationalen Chemiewaffenkonvention beitritt. Zuvor stimmte die Regierung schon einem Vorschlag Russlands zu, seine Chemiewaffen unter internationale Aufsicht zu stellen.

"Unsere Zustimmung zur russischen Initiative bedeutet, uns von allen Chemiewaffen zu trennen. Wir sind absolut bereit, diese Initiative umzusetzen", sagte al-Muallim, der offenbar dadurch versucht, die USA endgültig von einer militärischen Intervention in den Bürgerkrieg abzubringen.

Obama-Rede mit Spannung erwartet

US-Präsident Barack Obama hatte schon vor diesem weiteren Entgegenkommen Syriens angekündigt, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu fragen, wie die Welt auf den freiwilligen Verzicht auf Chemiewaffen reagieren soll. Eigentlich sollte das Gremium um 22.00 Uhr deutscher Zeit zu einer Sondersitzung zusammentreten. Russland habe seinen Antrag auf die Dringlichkeitssitzung aber dann wieder zurückgezogen, wie der australische Vorsitzende des Gremiums, Gary Quinlan, sagte. Obama will sich um 3.00 Uhr nachts deutscher Zeit in einer Fernsehrede an die Nation wenden (n-tv überträgt live im Fernsehen und im Online-Livestream). Richtig Bewegung wird womöglich ein amerikanisch-russisches Treffen am Donnerstag bringen: US-Außenminister John Kerry will mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in Genf beraten, wie mehrere Medien berichteten.

Das Leben im einst so schöne Damaskus wird von dem Konflikt durch und durch beeinträchtigt.

Das Leben im einst so schöne Damaskus wird von dem Konflikt durch und durch beeinträchtigt.

(Foto: AP)

Innerhalb des UN-Sicherheitsrates sind die Positionen derzeit noch unvereinbar: Nachdem Frankreich ankündigte, eine Resolution einzubringen, bietet Russland ein eigenes Papier auf. Russland lehnt eine UN-Resolution ab, in der die syrische Regierung für den Einsatz von Giftgas in dem Bürgerkriegsland verantwortlich gemacht wird. Das habe Außenminister Sergej Lawrow seinem französischen Kollegen Laurent Fabius gesagt, erklärte das Außenministerium. Der Streit könnte sich durch Syriens Ankündigung, all seine Waffenbestände zu zeigen, etwas entspannen.

Putin dringt auf Kriegsverzicht

Russlands Präsident Wladimir Putin knüpfte das Angebot, die syrischen Waffen zu kontrollieren, an Bedingungen: Die USA müssten im Gegenzug auf einen Militärschlag verzichten, sagte Putin. Dies wiederum sei die Voraussetzung dafür, dass sich Syrien von den Waffen trenne.

Russland hatte eine Wende in die Syrien-Krise gebracht, indem es das verbündete syrische Regime aufgefordert hatte, sämtliche Giftgasvorräte unter internationale Kontrolle zu stellen und so dessen vollständige Vernichtung zu ermöglichen. Den Vorschlag kreidete sich auch Obama als Erfolg an, denn zuvor hatte er dem syrischen Regime um Diktator Baschar al-Assad mit einem Militärschlag gedroht.

Die syrische Exil-Opposition verlangte unterdessen weiter eine Bestrafung des Regimes. Von dem russischen Vorschlag zur Waffenkontrolle hält sie nichts. Er biete Assad nur eine neue Möglichkeit, Zeit zu schinden und noch mehr Menschen zu töten, erklärte die in Istanbul ansässige Nationale Syrische Allianz.

Der syrische Rebellenkommandeur Kassim Saadeddine ergänzte: "Das ist eine Falle und ein falsches Manöver durch das Regime in Damaskus. Sie haben tonnenweise Waffen versteckt, die internationale Inspektoren fast unmöglich finden könnten."

Deutschland könnte Waffen vernichten

Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte den russischen Vorschlag, drang aber darauf, nun schnell konkrete Schritte folgen zu lassen. "Mir geht es jetzt darum, dass jetzt nicht auf Zeit gespielt werden kann", sagte Westerwelle. "Wir sind nicht naiv, für uns zählen nur Taten." Westerwelle hält auch eine deutsche Beteiligung an der Vernichtung der Waffen für möglich. "Wir haben bei der Vernichtung von Chemiewaffen erhebliche Erfahrung und auch entsprechende Programme. Und es ist gut möglich (...), dass Deutschland sich dann an einer solchen Vernichtung auch technisch und in anderer Hinsicht beteiligt."

Die Menschrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte der syrischen Führung derweil die Schuld für die tödlichen Chemiewaffenangriffe nahe der Hauptstadt Damaskus am 21. August gegeben. HRW legte dazu einen 22-seitigen Bericht vor, wonach die vorliegenden Informationen "starke Hinweise" für die Verantwortung der Assad-Armee enthielten. Die Menschenrechtler stützten sich dabei auf die Auswertung von Zeugenaussagen, die Überreste der eingesetzten Waffen und die medizinischen Symptome der Opfer.

Quelle: ntv.de, jtw/dpa/rts/AFP

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