Politik

Pakistan lockert Ausgangssperre Taliban unter den Flüchtlingen

Nach der vorübergehenden Aufhebung der Ausgangssperre im heftig umkämpften Swat-Tal sind zehntausende Menschen innerhalb weniger Stunden aus der umkämpften Stadt Mingora im Nordwesten Pakistans geflohen. Nach Angaben der pakistanischen Armee haben sich Taliban-Rebellen unter die flüchtende Zivilbevölkerung gemischt. Die Aufständischen hätten sich Bärte und Haare abgeschnitten, um unerkannt aus der Krisenregion zu entkommen. Das Militär rief die Bewohner des Tals auf, die Extremisten zu identifizieren und sie bei einer Hotline zu melden.

Das Militär setzte das Ausgangsverbot in Mingora, der von den Taliban kontrollierten Hauptstadt der Region, und anderen Gebieten im Nordwesten des Landes für acht Stunden aus. Dadurch sollte Tausenden von Zivilisten die Möglichkeit gegeben werden, sich vor den heftigen Kämpfen in Sicherheit zu bringen. Das Militär hat die normalerweise 300.000 Einwohner zählende Stadt Mingora im Swat-Tal nach eigenen Angaben umstellt.

Den Vereinten Nationen zufolge befinden sich mehr als 900.000 Menschen seit Ausbruch der Gefechte vor knapp zwei Wochen im Swat-Tal auf der Flucht. Insgesamt gebe es im Nordwesten Pakistans knapp 1,5 Millionen Flüchtlinge. Jeder zweite sei ein Kind.

EU plant Gipfeltreffen

Den Menschen dort drohe eine Tragödie, warnte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in der "Bild"-Zeitung. Die Europäische Union plant angesichts der instabilen Lage im kommenden Monat ein erstes Gipfeltreffen mit der Atommacht Pakistan.

Pakistans Armee führt seit Anfang Mai eine Offensive gegen die radikal-islamischen Taliban im Swat-Tal, um deren wachsenden Einfluss in der Region zu unterbinden. Den knapp 5000 Extremisten stehen etwa dreimal so viele Sicherheitskräfte gegenüber. Nach Militärangaben vom Freitag wurden binnen 24 Stunden 55 Aufständische und drei Soldaten getötet. Damit sind der Armee zufolge bislang etwa 925 Extremisten und 48 Soldaten ums Leben gekommen. Eine unabhängige Prüfung der Angaben ist nicht möglich, da alle Journalisten das Swat-Tal verlassen haben.

Unmut wächst

Mittlerweile wächst aber die Sorge, dass das Vorgehen der Armee in der Zivilbevölkerung für Unmut sorgen könnte. Ein aus Mingora geflüchteter Bankangestellter beschuldigte die Streitkräfte, sein Haus zerstört zu haben. "Vier Angehörige meiner Familie sind durch Schüsse gestorben. Die Armee hat das getan", sagte er.

UN befürchten Katastrophe

UN-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres warnte bei einem Besuch in Pakistan, sollte es nicht schnelle Hilfen geben, könne die Krise einen "destabilisierenden Einfluss" in der Region haben. Das UNHCR forderte hunderte Millionen Dollar internationale Hilfen. Das Bundesentwicklungsministerium sagte weitere fünf Millionen Euro zu. Die Mittel sollten in enger Zusammenarbeit mit dem UNHCR umgesetzt werden, erklärte das Ministerium in Berlin. Damit steigen die geplanten Flüchtlingshilfen des Ministeriums für Pakistan in diesem Jahr auf 20 Millionen Euro. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte vergangene Woche erklärt, es stocke sein diesjähriges Budget für humanitäre Hilfen in Pakistan um 600.000 Euro auf 1,6 Millionen Euro auf.

Frankreich sagte zudem Hilfen in Höhe von zwölf Millionen Euro zu. Die Europäische Union unterstützt die Flüchtlinge mit 5,5 Millionen Euro. Die Vereinigten Staaten sagten umgerechnet 3,6 Millionen Euro zu.

Quelle: ntv.de, rts / AFP

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