Proteste in arabischen Ländern Tausende gehen auf die Straße
11.03.2011, 21:47 Uhr
In Kairo protestierten Muslime und Christen gemeinsam.
(Foto: AP)
In mehreren arabischen Ländern nutzen wieder unzählige Oppositionelle das Freitagsgebet, um gegen die Regierungen und Missstände zu demonstrieren. In Jemen und Bahrain gibt es mehrere Verletzte. In Saudi-Arabien trotzen Schiiten einem Demonstrationsverbot. In Kairo werden derweil mehrere Polizeichefs verhaftet.
In mehreren arabischen Ländern haben nach dem Freitagsgebet wieder Tausende Menschen für mehr Demokratie und bessere Regierungen demonstriert. In Saudi-Arabien untersagten die Behörden jegliche öffentliche Kundgebung. Im Jemen und in Bahrain gingen die Sicherheitskräfte mit Gewalt gegen die Demonstranten vor. In Ägypten, im Irak und in Jordanien verliefen die Kundgebungen weitgehend friedlich.
Auf dem Tahrir-Platz in Kairo lag der Schwerpunkt genau einen Monat nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak auf der religiösen Versöhnung. Drei Tage zuvor waren bei blutigen Zusammenstößen zwischen Muslimen und koptischen Christen in einer Kairoer Vorstadt 13 Menschen getötet und 160 verletzt worden. Rund tausend Kundgebungsteilnehmer beider Konfessionen forderten "nationale Einheit". Zugleich machten sie Überreste des alten Regimes für das Schüren des religiösen Hasses verantwortlich.
Die Staatsanwaltschaft in Kairo nahm unterdessen erstmals hochrangige Ex-Polizeichefs fest, weil sie für den Tod von unbewaffneten Demonstranten verantwortlich sein sollen. Der Sicherheitschef von Kairo, Ismail al-Schair, der Sicherheitsdirektor des Innenministeriums, Ali Fajjid, der Geheimdienstchef Ahmed Ramsi und der Chef der Sicherheitsermittlungen für Kairo, Hussein Abdul Rahman, sollen die entsprechenden Schießbefehle erteilt haben, berichtete das Internet-Portal "almasryalyoum" unter Berufung auf ägyptische Sicherheitskreise. Alle vier waren zuvor schon aus dem Dienst entlassen worden.
Proteste trotz Verbot
In Saudi-Arabien hatten Internet-Aktivisten zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen. In der Hauptstadt Riad und in der Handelsmetropole Dschidda hielt jedoch das von Behörden und religiösen Stellen mehrfach bekräftigte Demonstrationsverbot die Menschen davon ab, auf die Straße zu gehen. In der mehrheitlich schiitisch bewohnten Ost-Provinz trotzten hingegen hunderte Demonstranten dem strengen Landesgesetz. In den Städten Hofuf und Al-Awamija riefen sie Parolen gegen religiöse Diskriminierung und für mehr Freiheitsrechte.
In der Innenstadt von Bagdad demonstrierten mehrere hundert Menschen für bessere kommunale Dienstleistungen und für die Entlassung korrupter Kommunalpolitiker. In der südirakischen Stadt Nassirija protestierten mehrere hundert Bürger auch gegen die Gewalt der Sicherheitskräfte bei früheren Kundgebungen.
Verletzte in Jemen und Bahrain
Mehrere hundert Menschen demonstrierten in der jordanischen Hauptstadt Amman für die Auflösung des Parlaments. Ihrer Ansicht nach wurde die Volksvertretung im vorigen November unter irregulären Verhältnissen gewählt. In der südjemenitischen Stadt Aden versuchten die Sicherheitskräfte, Tausende von Oppositionellen zu vertreiben, die den Rücktritt des Langzeit-Präsidenten Ali Abdullah Saleh forderten. Drei Demonstranten wurden nach Angaben lokaler Medien verletzt.
Im Golfkönigreich Bahrain wurden bei Zusammenstößen zwischen tausenden Regierungsgegnern und Sicherheitskräften zehn Demonstranten verletzt. Die Polizeikräfte gingen in Riffa mit Gummigeschossen und Tränengas vor, berichteten Augenzeugen. Zuvor hatten auch Sympathisanten der Regierung die Demonstranten angegriffen. Riffa, südlich der Hauptstadt Manama, ist die Residenz der königlichen Familie. Die Demonstranten wurden von den Sicherheitskräften daran gehindert, vor den königlichen Palast zu ziehen.
Proteste auch in Aserbaidschan
Auch die Polizei in Aserbaidschan verhinderte Proteste gegen die Regierung von Präsident Ilham Alijew. Nach Angaben der Polizei wurden in der Hauptstadt Baku zehn Menschen festgenommen, als sie eine nicht genehmigte Demonstration abzuhalten versuchten. Die Opposition sprach von dutzenden Festnahmen. Zuvor hatte die Polizei ihre Präsenz an mehreren Punkten der Stadt verstärkt, wie ein Augenzeuge berichtete. Aktivisten hatten auf dem Internetnetzwerk Facebook zu Protesten gegen den autoritär herrschenden Präsidenten aufgerufen.
Der Vorsitzende der Oppositionspartei Musawat (Gleichheit), Isa Gambar, sagte, dutzende Aktivisten seien festgenommen worden. Unter ihnen seien sein Sohn und der Führer der Liberal-Demokratischen Partei, Fuad Alijew. "Das Vorgehen gegen die jungen Demokratie-Aktivisten zeigt, dass die Behörden Angst haben, sie fürchten Massenproteste", sagte Ali Kerimli von der oppositionellen Nationalen Front. EU-Vertreter in der ölreichen ehemaligen Sowjetrepublik zeigten sich am Freitag "besorgt" über "die zunehmende Zahl an Berichten über die Festnahme junger Aktivisten".
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts