Vorwurf der Kinderpornografie Tauss rechtfertigt sich vor Gericht
18.05.2010, 15:04 UhrDer frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Tauss muss sich vor Gericht verantworten, weil bei ihm Kinderpornos gefunden worden sind. Tauss rechtfertigt dies mit seiner Arbeit als Abgeordneter. Alle Fragen des Gerichts könne man klar beantworten.

Über ein Jahr nach dem Fund von Kinderpornos bei Tauss muss er sich vor Gericht verantworten.
(Foto: REUTERS)
Der frühere SPD-Politiker Jörg Tauss hat vor dem Landgericht Karlsruhe den Vorwurf des illegalen Besitzes von Kinderpornografie zurückgewiesen. Er habe sich die insgesamt 228 Bild- und Videodateien mit überwiegend kinderpornographischen Inhalten nur verschafft, um als Bundestagabgeordneter und Medienbeauftragter seiner Fraktion Vertriebswege außerhalb des Internet aufzudecken. Dies sei laut Gesetz zulässig.
Das bis Freitag kommender Woche terminierte Verfahren wird sich nach Ansicht von Tauss' Anwalt Michael Rosenthal allein um die Frage drehen, ob der zwischenzeitlich zur Piratenpartei gewechselte Politiker sich die Bilder im Rahmen seines Mandats straffrei verschaffen durfte oder nicht.
Die Staatsanwaltschaft bestreitet dies und verwies auf Paragraph 184b des Strafgesetzbuches, wonach dies nur zur "Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten" zulässig ist. Ein sogenanntes Präjudiz, eine richtungsweisende Entscheidung in einem vergleichbaren Fall, gibt es bislang nicht. Das Urteil im Fall Tauss, dem zwischen drei Monaten und fünf Jahren Haft drohen, ist deshalb völlig offen.
Auch andere Politiker benötigten Dateien
Den Vorwurf der Staatsanwältin Stephanie Egerer-Uhrig, Tauss habe keinen "dienstlichen Auftrag" gehabt, sich die Pornobilder zu verschaffen, wies der Angeklagte zurück. Er sei als Bundestagsabgeordneter frei von Weisungen und als Parlamentarier berechtigt gewesen, dieses Bilder in eigener Sache für seine politische Arbeit zu besorgen. Während seiner Abgeordnetentätigkeit von 1994 bis 2009 sei er unter anderem Medienbeauftragter seiner Fraktion gewesen und habe sich früh mit Kinderpornografie befasst. Kollegen wie die damalige Vizepräsidentin des Bundestags, Anke Fuchs (SPD), seien zu ihm gekommen, um sich Kinderpornos von ihm zeigen zu lassen. "Nicht zur sexuellen Belustigung, sondern um sich einen Eindruck von der Problematik zu machen", sagte Tauss.
Erklärung für Handy-Versand
Mit den Pornobildern, die sich Tauss zwischen Mai 2007 und Januar 2009 auf sein Handy und per Post schicken ließ, wollte der Politiker nach eigener Darstellung deutlich machen, dass das Internet längst nicht mehr der wichtigste Vertriebsweg sei und die Szene sich verlagert habe. Er habe dies getan, weil das Bundeskriminalamt (BKA) Internetsperren zur Bekämpfung der Kinderpornografie gefordert hatte, sagte Tauss.
Ob Tauss seine Darstellung nachhaltig untermauern kann, blieb zum Prozessauftakt offen. Auf die erste Frage der Staatsanwältin, mit welchen Abgeordneten er konkret über seine These zu den neuen Porno-Vertriebswegen gesprochen habe, musste Tauss einräumen, "ganz konkret mit niemand".
Auffindeort nicht ungewöhnlich
Sein Verteidiger Rosenthal widersprach demgegenüber der Darstellung der Staatsanwaltschaft, dass die "Auffindesituation" der Pornos in Tauss' Schlafzimmer eher für eine private Nutzung der Dateien spreche. Laut Rosenthal teilte sich der Abgeordnete aus dem Landkreis Karlsruhe die Wohnung in Berlin und bewohnte dort nur ein Zimmer. Wenn die Staatsanwaltschaft daraus ein "Schlafzimmer" mache, sei das "sachlich schief".
Quelle: ntv.de, dpa