Abbau der "kalten Progression" Teile der SPD zweifeln am Gabriel-Konzept
29.04.2014, 02:44 Uhr
SPD-Vize Stegner sagt, ihm fehle die Fantasie, wie ein "Abbau der kalten Progression auf einem Weg zustande kommen kann, den die Partei akzeptiert". Mit den Zweifeln am Konzept seines Parteichefs steht er nicht allein da, auch in der Union sieht man das so.
Steigen die Einkommen von Arbeitnehmern, müssen sie das zusätzliche Gehalt unter Umständen mit einem höheren Prozentsatz versteuern als das bisherige Gehalt. Ab dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent für Jahreseinkommen ab knapp 53.000 Euro steigt der Steuersatz mit zusätzlichem Einkommen nicht weiter an (einzige Ausnahme ist die "Reichensteuer"). Diese sogenannte Progression im Steuertarif soll dafür sorgen, dass auf stärkeren Schultern mehr lastet als auf schwächeren.
Gleichen Gehaltserhöhungen jedoch lediglich die Inflation aus, steigt dadurch die Steuerbelastung, obwohl die Kaufkraft gleich bleibt. Diese wachsende Steuerbelastung nennt man Kalte Progression.
Nicht alle in der SPD stützen den Vorschlag von Parteichef Sigmar Gabriel, die "kalte Progression" auch ohne Gegenfinanzierung durch höhere Steuern für Spitzenverdiener abzubauen. "Ich bin skeptisch, wie das zustande kommen kann", sagte Parteivize Ralf Stegner der "Süddeutschen Zeitung". "Wenn Schiffe voller Gold die Spree entlang fahren, können wir über alles reden. Aber mir fehlt gegenwärtig die Fantasie, wie ein Abbau der kalten Progression auf einem Weg zustande kommen kann, den die SPD akzeptieren kann."
Gabriel hatte zuvor zum Abbau der schleichenden Steuererhöhungen gesagt: "Das muss aufgrund der hohen Steuereinnahmen in dieser Legislaturperiode auch ohne Steuererhöhungen und auch ohne soziale Kürzungen möglich sein."
Daran werden auch in der SPD-Bundestagsfraktion Zweifel laut. "Von dem Vorschlag, man könnte das aus den laufenden Einnahmen bezahlen, halte ich ganz und gar nichts", sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken, Carsten Sieling, der "Süddeutschen Zeitung". Die hohen Steuereinnahmen seien positive konjunkturelle Effekte. "Wenn die entfallen, ist auch das Geld weg", so Sieling. "Stattdessen brauchen wir eine vernünftige Finanzierungsbasis." Nötig seien Steuererhöhungen oder der Abbau von Subventionen, die hohe Einkommen und Vermögen bevorteilen.
Schäuble soll Konzept vorlegen
Derweil forderte SPD-Fraktionschef Hubertus Heil Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf, zum Abbau der kalten Progression ein Konzept vorzulegen. Es gehe darum, die arbeitende Mitte zu entlasten, sagte Heil der "Bild"-Zeitung. "Der Ball liegt jetzt bei Wolfgang Schäuble. Er muss dafür ein solides Finanzierungskonzept vorlegen." Auch der bayerische Finanzminister Markus Söder forderte die Bundesregierung auf, einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung der Steuerpläne vorzulegen. "Dies muss solide finanziert sein", sagte er dem Blatt.
Bei der monatlichen Aufstellung der Steuereinnahmen von Bund und Ländern ergab sich dank der starken Konjunktur im März ein Plus von 7,2 Prozent. Absolut nahm der Staat im vergangenen Monat damit 55,36 Milliarden Euro ein. Dem geforderten Abbau der Kalten Progression hatte die Bundesregierung aber eine Absage erteilt: Dafür gebe es derzeit keine Spielräume, hatte Sprecher Steffen Seibert gesagt.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa