UN-Sicherheitsrat drängt zum Frieden Tempel-Krieg geht weiter
07.02.2011, 21:17 Uhr
Bewaffnete in einem Heiligtum: Ein kambodschanischer Soldat bewacht den Preah Vihear Tempel.
(Foto: AP)
Im Streit um einen 900 Jahre alten Hindu-Tempel an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha wird weiter geschossen. Nach UN-Generalssekretär Ban, dessen Appell ungehört verhallt, schaltet sich der Weltsicherheitsrat ein; eine Krisensitzung ist nicht ausgeschlossen.
Nach den tödlichen Grenzscharmützeln zwischen Thailand und Kambodscha hat der UN-Sicherheitsrat von beiden Ländern eine Waffenruhe gefordert. "Die Mitglieder des Sicherheitsrates sind sehr in Sorge wegen der wachsenden Spannung an der Grenze", sagte die brasilianische UN-Botschafterin Maria Luiza Ribeiro Viotti, die in diesem Monat das mächtigste UN-Gremium führt. "Wir fordern eine Waffenruhe und drängen beide Parteien, den Streit friedlich beizulegen." Der Sicherheitsrat erwäge eine Sondersitzung, wenn es zu keiner Einigung komme.
Kambodschas Ministerpräsident Hun Sen hatte eine solche Krisensitzung sowie die Entsendung von UN-Soldaten gefordert. Er warf Thailand vor, die Kämpfe provoziert zu haben. Thailands Regierungschef Abhisit Vejjajiva gab wiederum Kambodscha die Schuld an der Eskalation und pochte in einem Brief an den UN-Sicherheitsrat auf das Recht zur Selbstverteidigung.
Appelle bisher ignoriert

Ein kambodschanischer Flüchtling schläft auf einer Hängematte in einem Flüchtlingslager östlich des Tempels.
(Foto: AP)
Zuvor hatte bereits UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine sofortige Feuerpause gefordert, der jedoch verhallte. Beide Länder lieferten sich den vierten Tag in Folge Grenzgefechte um einen jahrhundertealten Tempel. Die Nachbarländer streiten seit Jahrzehnten um den genauen Grenzverlauf an dem Tempel 450 Kilometer nordöstlich von Bangkok. Nach neuem Artilleriebeschuss waren am Montag auf thailändischer Seite 15.000 Menschen auf der Flucht. Am Wochenende waren mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen.
Ban zeigte sich "zutiefst besorgt" wegen der anhaltenden Gefechte. Beide Seiten müssten die Waffen niederlegen und zu einer langfristigen Lösung finden, forderte Ban. Zuvor hatte bereits die US-Regierung versucht, mäßigend auf die beiden Nachbarstaaten einzuwirken. Doch die Appelle blieben ohne Folge: Soldaten beider Länder lieferten sich am Montagvormittag erneut Schusswechsel, auch Maschinengewehrfeuer war zu hören. Eigentlich war am Samstag eine Waffenruhe vereinbart worden.
Die Gefechte konzentrieren sich auf ein knapp fünf Quadratkilometer großes Areal, auf dem ein etwa 900 Jahre alter Hindu-Tempel steht, der von beiden Länder beansprucht wird. Der in Kambodscha als Preah Vihear und in Thailand als Khao Phra Viharn bekannte Tempel sorgt seit Generationen für Streit zwischen den beiden südostasiatischen Ländern. Der Internationale Gerichtshof sprach ihn 1962 Kambodscha zu. Der Richterspruch enthielt aber keine Bestimmungen über das umgebende Areal. Seit die UNESCO das Gelände im Juli 2008 unter Protest Thailands zum Weltkulturerbe erklärt hat, kam es immer wieder zu Scharmützeln. Mehrere Tage andauernde Schusswechsel in dem abgelegenen Gebiet sind aber außergewöhnlich.
Tausende auf der Flucht
Mittlerweile sind Tausende Menschen auf der thailändischen Seite aus ihren Häusern geflohen. Hunderte Kambodschaner wurden in Sicherheit gebracht. Die Zahl der Toten und Verletzten ist noch unklar. Die kambodschanische Regierung sprach von fünf getöteten Landsleuten sowie 45 Verletzten. Offen blieb, ob es sich um Soldaten oder Zivilisten handelte. In thailändische Medien war von mehr als 60 kambodschanischen Todesopfern die Rede. Die thailändische Armee berichtete von mindestens zwei getöteten sowie 30 verletzten Soldaten aus den eigenen Reihen.
Die Hintergründe für das Wiederaufflammen des Konflikts sind noch unklar. Einige Analysten vermuten, dass ein einfaches Kommunikationsproblem die Feuergefechte ausgelöst haben könnte. Andere schließen aber auch nicht aus, dass Scharfmacher innerhalb der thailändischen Armee den Druck auf die eigene Regierung erhöhen wollen. Auch über die Vorbereitung eines erneuten Militärputsches in Thailand wird spekuliert.
Quelle: ntv.de, rts/dpa