"Überall war Polizei" Terror-Angst in Mönchengladbach
06.01.2002, 16:36 UhrAm Sonntagmorgen um 00.10 Uhr stürmt ein Spezialeinsatzkommando der Polizei das Zimmer 331 im Dorint Hotel in Mönchengladbach. Es dauert nur Sekunden, dann ist der Gast, ein etwa 40-jähriger Mann mit italienischem Pass, überwältigt. Doch der Polizeieinsatz ist noch lange nicht vorbei. Sprengstoffhunde suchen die in der Nähe des Hotels abgestellten Autos nach Bomben ab. Andere Hundeführer kontrollieren mit ihren Tieren den Park um das hermetisch abgeriegelte Vier-Sterne-Hotel in der Innenstadt.
Die Polizei glaubt zu diesem Zeitpunkt, bei dem Festgenommenen handele es sich um ein Mitglied der Terrororganisation El Kaida. Ein Verdacht, der sich bei den Vernehmungen dann nicht bestätigt. Dennoch, die Angst vor dem Terror der El Kaida hat in der Nacht zum Sonntag Deutschland endgültig erreicht. Denn ausgelöst worden war der Großeinsatz der Polizei vom Bundeskriminalamt. Dort hatte man einen Tipp bekommen, in dem Hotel wollten sich drei Mitglieder der Terrororganisation des Islamistenführers Osama bin Laden treffen.
In einem Großeinsatz wurde daraufhin am Sonntagabend das Hotel, in dem gerade ein Bankett für 55 Personen stattfand, abgeriegelt. Roland Streubel, der auf dem Bankett als Musiker spielte, erzählt: "Wir haben erst mit einiger Verzögerung mitbekommen, dass das Gebäude hermetisch abgeriegelt war. Niemand durfte rein oder raus." Die Polizei habe nur mitgeteilt, es werde ein Gangster gesucht. "Ich habe mir gedacht, wenn das ein gefährlicher Mensch ist, müssen sie einem doch den Weg nach draußen ermöglichen." Doch erst nach einer Stunde hätten dann zunächst alle Frauen und älteren Männer gehen können. Später hätten dann aber alle auf Anweisung der Polizei das Bankett verlassen müssen. "Ein Polizist sagte, es sei ein Fahrzeug vor dem Hotelflügel gefunden worden und es sei theoretisch möglich, dass sich eine Bombe darin befinde."
Ircin Turkkan, ein anderer Hotelgast berichtet: "Überall war Polizei, wir mussten unsere Ausweise vorlegen erst dann konnten wir schlafen." Der Gast, dem die ganze Aufregung galt, hatte sich gegen 14.30 Uhr in dem 162-Zimmer-Hotel eingecheckt. "Er war sehr gepflegt und gab einen italienischen Namen an", berichtet der Hoteldirektor Ben Lanbers. "Da er aber über keine Kreditkarte verfügt hat, habe er das Zimmer bar bezahlt. Er hatte ein dickes Bündel Geldscheine", erzählte Lanbers. Doch sei nichts an ihm verdächtig erschienen.
Erst ein Telefonanruf der Polizei kurz nach 20.00 Uhr beendete dann den nachweihnachtlichen Frieden im Hotel. Kurz darauf riegelten Spezialkräfte einen Teil des Hauses ab. Um 00.10 Uhr schlägt die Polizei zu. Der 40-Jährige leistet keinen Widerstand. Wenig später wird er mit einem Handtuch über dem Kopf, vor neugierigen Blicken geschützt, abtransportiert.
So reibungslos verläuft die Polizeiaktion, dass etliche Hotelgäste sie gar nicht bemerken. Irene Schantini-Munsch, etwa, die mit ihrem Mann und zwei Kindern im Hotel übernachtete, erzählt am Morgen: "Wir haben gar nichts mitbekommen".
(Von AP-Korrespondent Erich Reimann)
Quelle: ntv.de