Pakistan steuert Sauerlandgruppe Terroristen unter Druck gesetzt
29.04.2009, 15:11 UhrDie mutmaßlichen Terroristen der Sauerland-Gruppe sind nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts (BKA) aus Pakistan gesteuert und unter Druck gesetzt worden. Obwohl die Angeklagten aus Medienberichten gewusst hätten, dass die Ermittler ihnen auf der Spur waren, hätten sie sich nicht von den geplanten verheerenden Autobombenanschlägen in Deutschland abbringen lassen, sagte der zuständige BKA-Chefermittler als Zeuge vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Die Steuerung habe bei der Islamischen Dschihad Union (IJU) gelegen.
Die Islamisten waren Anfang September 2007 in der "heißen Phase" ihrer Vorbereitungen nach wochenlanger Überwachung in einem Ferienhaus im Sauerland festgenommen worden.
Aus Pakistan habe die IJU-Führung den Angeklagten wenige Tage zuvor per E-Mail ein Ultimatum von drei Wochen bis zur Tatausführung gestellt, sagte der Ermittler. Andernfalls sollten sie nach Pakistan zurückkehren, wo sie 2006 in IJU-Lagern ausgebildet worden seien. "Man muss davon ausgehen, dass die IJU-Führung wesentlich in die Vorbereitung der Anschläge involviert war", sagte er. Die Zugehörigkeit zu einer ausländischen Terrorgruppe ist einer der Hauptanklagepunkte der Bundesanwaltschaft.
"Täterwissen" im Internet
Wichtigster Hinweis für die Verstrickung der aus Usbekistan stammenden IJU ist nach BKA-Ansicht ein Bekennerschreiben auf einer inzwischen geschlossenen türkischen Internetseite. Darin berichtete die IJU von der Festnahme ihrer "drei Brüder" im Sauerland und konkreten Anschlagszielen, die das BKA nach der Festnahme gar nicht veröffentlicht hatte. Es handele sich demnach um "Täterwissen", sagte der BKA-Zeuge. Einige Verteidiger bezweifeln, dass die Angeklagten Kontakt zur IJU hatten. In Medienberichten wurde jüngst auch die Existenz der IJU generell infrage gestellt.
Die vier Angeklagten in dem Terror-Prozess waren nach Ansicht der Ermittler eng in die IJU-Strukturen verstrickt. Adem Yilmaz habe mehreren Bekannten den Weg zu der Terrorgruppe geebnet und Ausrüstung für den paramilitärischen Kampf beschafft, sagte der BKA-Zeuge. Yilmaz sei auch Schatzmeister der deutschen Zelle gewesen. Daniel Schneider sei in die Rekrutierung von Islamisten für die IJU involviert gewesen.
Hauptansprechpartner für die IJU-Spitze sei Fritz Gelowicz gewesen. Dieser habe den E-Mail-Kontakt gehalten. Die IJU habe Gelowicz und Yilmaz den Auftrag für die Anschläge noch in Pakistan erteilt. Gelowicz habe die "Fassade eines bürgerlichen Lebens" mit Ehe und Studium aufrechterhalten, obwohl die Anschlagsvorbereitung praktisch ein "Full-Time-Job" gewesen sei. Der später in der Türkei festgenommene vierte Angeklagte, Atilla Selek, sei der IJU ebenfalls bekannt und für die Zünderbeschaffung zuständig gewesen.
Bombenbau funktionierte nicht
Am 4. September 2007 schlugen die Spezialkräfte zu. Die Islamisten waren zuvor daran gescheitert, das von der Polizei bereits heimlich verdünnte Wasserstoffperoxid gemäß Bombenrezeptur aufzukochen.
Yilmaz ausgetrickst
Am vierten Prozesstag beendete der Staatsschutzsenat die Konfrontation mit dem Angeklagten Adem Yilmaz. Dieser hatte sich fortgesetzt geweigert, bei Eintreten des Senats in den Saal aufzustehen. Yilmaz ("Ich stehe nur für Allah auf") wurde erst hineingeführt, nachdem das Gericht den Saal betreten hatte. "Wir wollen hier nicht in einen prozessualen Kleinkrieg für zwei Jahre eintreten", sagte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling. "Das heißt nicht, dass wir (...) einknicken."
Quelle: ntv.de