Parlamentswahl in Iran Test für Ahmadinedschad
14.03.2008, 16:01 UhrIm Zeichen internationaler Kritik am Atomkurs Teherans und zunehmender Wirtschaftsprobleme im Land wählen die Iraner ein neues Parlament. Mehr als 43 Millionen Menschen sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Vor dem Hintergrund wachsender Unzufriedenheit wegen drastischer Preissteigerungen gilt die Wahl als Test für die Politik von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der seit gut zweieinhalb Jahren amtiert. International war die Abstimmung im Vorfeld vielfach als Farce bezeichnet worden.
Der von der religiösen Führung des Landes eingesetzte Wächterrat hatte viele Kandidaten der Reformer nicht zur Wahl zugelassen. Für 290 Sitze bewarben sich mehr als 4400 Kandidaten. Sie stehen überwiegend der konservativen Staatsführung der Islamischen Republik nahe. Deshalb wurde ein Sieg der Konservativen erwartet. Das Innenministerium sprach von einer "großartigen" Wahlbeteiligung, staatlich gelenkte Medien berichteten am Nachmittag, dass mindestens 60 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hätten. Eine Bestätigung von unabhängiger Seite gab es dafür nicht.
Der oberste geistliche Führer des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, und der frühere Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani gaben bereits am frühen Morgen ihre Stimme ab. Rafsandschani, der zusammen mit dem ehemaligen Präsidenten Mohammed Chatami die Koalition der Reformer anführt, appellierte an die Iraner, sich rege an der Abstimmung zu beteiligen. "Wenn ihr nicht wählt, werden diejenigen, die ihr nicht wollt, erneut ins Parlament einziehen", sagte Rafsandschani, der ein scharfer Gegner Ahmadinedschads ist. "Das neue Parlament sollte definitiv seine Kontrollfunktion (gegenüber der Regierung) verstärken." Auch Chamenei appellierte an die Menschen, ihre Stimme abzugeben und so die politische Zukunft mitzubestimmen.
Ahmadinedschad kehrte vorzeitig von einem Staatsbesuch im Senegal nach Teheran zurück, um an den Wahlen teilzunehmen. Unmittelbar nach seiner Ankunft fuhr er zu einer Moschee im Südosten der Hauptstadt, wo er seine Stimme abgab. "Milliarden Augen (in der Welt) blicken auf uns, um zu sehen, wie wir selbst unser politisches Schicksal mit diesen Wahlen bestimmen", sagte er. "Viele andere (islamische) Länder suchen nach einem Modell-Land und haben den Iran als ihr Leitbild ausgewählt", betonte er.
Die meisten Iraner sind besorgt wegen der massiven wirtschaftlichen Probleme in ihrem Land. Ahmadinedschad war vor 30 Monaten mit dem Vorhaben angetreten, die soziale und wirtschaftliche Situation vor allem der armen Menschen zu verbessern, hielt seine Versprechen jedoch nicht ein. Vielmehr ist seit seinem Amtsantritt im August 2005 die Inflation dramatisch angestiegen - trotz der Rekord- Ölpreise. Die iranischen Ölvorkommen gehören zu den größten der Welt.
Im Streit um das Urananreicherungsprogramm vertritt Ahmadinedschad eine kompromisslose Position, was im Land allerdings vielfach auf Zustimmung stößt. Der Weltsicherheitsrat befürchtet, der Iran strebe den Bau einer Atombombe an. Teheran bestreitet das und beharrt darauf, eine eigene Technik zur Urananreicherung für die friedliche Nutzung zu entwickeln. Die nächsten Präsidentschaftswahlen stehen 2009 an.
Weil nach wie vor per Hand ausgezählt wird, werden erste Ergebnisse der Parlamentswahlen aus den Provinzen am Samstagmittag, in Teheran sogar erst am Montag erwartet. Mit Endergebnissen rechnet das Innenministerium am Montag oder Dienstag, zuletzt in der Millionenmetropole Teheran.
Quelle: ntv.de