G8-Gipfel in Kanada Therapie für die Weltwirtschaft
25.06.2010, 20:49 Uhr
Harper heißt Obama herzlich willkommen.
(Foto: REUTERS)
Zum Auftakt des G-8-Gipfels in Kanada setzen Europa und die USA ihren Streit um die bessere Gesundungsstrategie für die Weltwirtschaft fort. Während die Bundesregierung und ihre EU-Partner auf eine Reduzierung der Haushaltsdefizite pochen, beharren die USA auf ihrer Strategie der Wachstumsförderung.
Die G8-Staats- und Regierungschefs haben ihr jährliches Gipfeltreffen in Kanada begonnen. Kanadas Regierungschef Stephen Harper begrüßte die Gruppe der Spitzenpolitiker zu der zweitägigen Konferenz.
Erstmals sind die neuen Premierminister Großbritanniens und Japans, David Cameron und Naoto Kan, in der Runde dabei. Zu den Teilnehmern zählen auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy.
Auf der Agenda stehen die Wirtschaftskrise, der Kampf gegen Armut und Krankheiten, die Nuklearprogramme Irans und Nordkoreas und der Drogenhandel. Am Samstag reisen die G8-Staatenlenker ins gut 220 Kilometer entfernte Toronto, wo die Gipfelkonferenz der 20 größten Volkswirtschaften (G20) beginnt.
Noch vor den offiziellen Gesprächen haben sich Deutschland und Großbritannien bemüht, den Streit über den Ausstieg aus den schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen zu entschärfen. Es gehe bei den Treffen nicht um Auseinandersetzung, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Blick auf Meinungsverschiedenheiten mit der US-Regierung über die Frage, ob das Wachstum weiter gestützt oder auf Haushaltskonsolidierung umgeschaltet werden sollte. Vielmehr ringe man um den richtigen Weg, wie man zu nachhaltigem Wachstum komme. Auch Cameron betonte, dass er wegen seiner Pläne zum Defizitabbau nicht mit den USA über Kreuz liege. "Ich denke, dass die G8 in der Tat zu dem Schluss kommen werden, dass die Länder mit den größten Problemen, einen Gang zulegen müssen, und das haben wir getan."
Merkel verteidigt Sparkurs gegen US-Kritik
Gleichzeitig verteidigte Merkel aber den Sparkurs der Europäer gegen US-Kritik. "Wir haben jetzt wieder robuste Wachstumsraten und deshalb ist es jetzt an der Zeit, die Defizitraten zu reduzieren", betonte Merkel im kanadischen Huntsville. "Es geht nicht um Sparen als Allheilmittel", stellte sie klar. "Es geht um intelligentes Vorgehen, damit auch zukunftsfähiges Wachstum daraus erwächst". Gefunden werden müsse der Weg, wie durch "intelligentes Sparen" die Basis für nachhaltiges Wachstum gelegt wird.
Ein Vertreter des Gipfel-Gastgeberlandes Kanada bemühte sich, Sorgen über hitzige Debatten zu diesem Thema zu zerstreuen. Es gebe zwar Differenzen zwischen den Teilnehmerstaaten, dabei handele es sich aber lediglich um Feinheiten
Merkel wirbt für Bankenabgabe
Merkel zeigte sich überzeugt, dass der Gipfel auch in Fragen der Regulierung Zeichen setzen wird. "Einige Signale werden ausgehen, andere dann im Herbst von Südkorea, dem zweiten G20-Gipfel in diesem Jahr." Sie kündigte an, auf den beiden Gipfeln noch einmal kräftig für die Krisenkostenbeteiligung der Banken werben zu wollen. Sie rechne mit einer offenen Diskussion zur Bankenabgabe und Finanztransaktionssteuer. Man müsse hier sehr lange am Ball bleiben und sehr dicke Bretter bohren. Vom Ziel, dass jeder Finanzmarkt, jeder Finanzmarktakteur und jedes -produkt angemessen überwacht werden müsse, dürfe man nicht abweichen. "Die Welt braucht eine neue Finanzmarktarchitektur", unterstrich die Bundeskanzlerin.
Gericht lässt Schallkanonen zu
Unterdessen erlaubte das Oberste Gericht des kanadischen Bundesstaats Ontario den Einsatz von Lärmkanonen gegen Demonstranten auf dem G-20-Gipfel. Die Richter wiesen den Einspruch von Bürgerrechtler ab. Der Einsatz der über Kilometer hinweg hörbaren Schallkanonen gilt als extrem gesundheitsgefährdend. Das Gericht wies die Polizei lediglich an, die Waffen "im Falle eines Einsatzes nur auf der niedrigsten Lärmstufe" zu nutzen.
Die Schallkanonen können ohrenbetäubenden Lärm von bis zu 150 Dezibel ausstoßen. Ihr Einsatz soll dazu dienen, Menschenmengen auseinanderzutreiben. Kritiker machten geltend, dass die Geräte - die unter anderem in den Kriegen im Irak und in Afghanistan zum Einsatz gekommen seien - nicht zur Nutzung in Stadtgebieten geeignet seien und gefährliche Gesundheitsschäden nach sich ziehen könnten.
Quelle: ntv.de, dpa/rts