Justiz ermittelt nicht Thierse sichert Objektivität zu
03.01.2002, 10:44 UhrBundestagspräsident Wolfgang Thierse hat eine objektive Prüfung der Spenden-Vorwürfe gegen die CSU zugesichert.
Auf Forderungen aus der CSU nach seinem Rücktritt wegen Parteilichkeit ließ der stellvertretende SPD-Vorsitzende erklären, der Präsident des Deutschen Bundestages sei in solchen Fällen die nach dem Parteiengesetz "mitverwaltende Behörde ". Die Prüfung der Vorwürfen werde "mit der gebotenen Sorgfalt und zügig" vorgenommen. Dies sei bisher ohne Ansehen der jeweils betroffenen Partei und unabhängig von Art und Umfang des Vorwurfs gerade auch in der jüngeren Vergangenheit stets und strikt beachtet worden. So solle auch jetzt verfahren werden. Thierse erwartet laut Erklärung, dass er seine Aufgaben "ohne Pressionen und Druck" wahrnehmen könne.
Union fordert Amtsverzicht von Thierse
Im Zusammenhang mit der umstrittenen Spendenpraxis der CSU hatte die Union Thierse zuvor angegriffen. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach erklärte, Thierse verhalte sich nicht so überparteilich, wie es sein Amt verlange. In der "Passauer Neuen Presse" forderte er Thierse dazu auf, entweder vom Amt des Bundestagspräsidenten oder von dem des stellvertretenden SPD-Vorsitzenden zurückzutreten. Auch CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sagte, der Bundestagspräsident verhalte sich "viel zu parteiisch".
Hintergrund der Kritik sind Äußerungen der Bundestagsverwaltung vom Mittwoch. Sie hatte angekündigt, einen Bericht des "Stern" über illegal ausgestellte Spendenequittungen der CSU überprüfen zu wollen. Thierse
SPD-Generalsekretär Franz Müntefering wies die Vorwürfe gegen Thierese unterdessen entschieden zurück. Der Bundestagspräsident verhalte sich vollkommen korrekt, wenn er einem aufkommenden Verdacht nachgehe. Rückendeckung erhielt Thirese auch von den Liberalen. FDP-Chef Guido Westerwelle forderte ihn auf, die umstrittene CSU-Spendenpraxis sorgfältig zu überprüfen. An die CSU appellierte er, "jetzt alle Fakten auf den Tisch zu legen".
Justiz ermittelt nicht
Die Münchner Staatsanwaltschaft erklärte unterdessen, die umstrittenen Patenschaftsabonnements seien strafrechtlich nicht zu beanstanden. Oberstaatsanwalt Horst Lehmpul sagte, die Spendenpraxis sei dem Bundestag seit 1993 bekannt gewesen und von der damaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) auch gebilligt worden.
Goppel: Vorwürfe entbehren Grundlage
Um die Vorwürfe zu entkräften, hatte CSU-Generalsekretär Thomas Goppel am Mittwoch eine Bundestagsdrucksache vom April 1996 vorgelegt, in der das Verfahren der CSU zur Anwerbung von Patenschaftsabonnements ausführlich erörtert wird.
Der "Stern" hatte berichtet, die CSU habe zwischen 1994 und 1999 für etwa sechs Millionen Euro über Zeitschriftenwerber so genannte Spenden-Abonnements des Parteiblattes "Bayernkurier " und des Informationsdienstes "Münchner Brief " verkauft. Den Käufern habe die CSU "falsche" Spendenquittungen ausgestellt. So habe sie - da Parteien seit 1994 für jeden nachgewiesenen gespendeten Euro einen staatlichen Zuschuss von 50 Cents erhalten - mehr als drei Millionen Euro an staatlichen Spendenzuschüssen erschlichen.
Die von Thomas Goppel vorgelegte Bundestagsdrucksache geht explizit auf diese Praxis ein und kommt zu dem Schluss: "Die Besonderheit (...) liegt hier darin, dass der Zeitungsverlag und die spendenberechtigte Partei ein und dieselbe (juristische) Person sind. Für die steuerliche Abzugsfähigkeit ist dies nach der bisherigen Rechtslage jedoch unschädlich. Erhält daher die Partei ein Patenschaftsabonnement ihrer eigenen Zeitung zugewendet, um damit letztlich für sich selbst im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu werben, so kann die Partei dafür eine Spendenbescheinigung ausstellen."
Nach Goppels Worten sind die Spenden-Abos in den CSU-Rechenschaftsberichten stets als solche ausgewiesen worden. Vom Bundestag seien sie nie beanstandet worden. Dem "Stern" zufolge halten Steuerexperten die Abonnements nicht für Spenden, weil an den Verlag "Bayernkurier" als Wirtschaftsbetrieb nicht gespendet werden könne. Auch wenn die Spender der CSU erlaubt hätten, die Empfänger der Abos auszusuchen, werde aus Zuwendungen an das Parteiblatt keine Spende an die Partei, berichtete das Magazin unter Berufung auf Fachleute.
Klage gegen "Stern"
Eine Parteisprecherin sagte am Donnerstag, die CSU erwäge wegen des Berichts eine Klage gegen den "Stern". Auch der Presserat werde möglicherweise eingeschaltet.
Quelle: ntv.de