"Kernspaltung" bei Vattenfall Thomauske gefeuert
16.07.2007, 09:17 UhrNach der Pannenserie in seinen Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel zieht der Vattenfall Europe-Konzern personelle Konsequenzen. Der Geschäftsführer der Sparte Nuklearenergie, Bruno Thomauske, muss gehen. Zudem wird auch Johannes Altmeppen als Leiter der Konzernkommunikation das Unternehmen verlassen. Die Entscheidungen seien in enger Abstimmung mit dem schwedischen Mutterkonzern getroffen worden, heißt es.
"Das ist so die übliche Reaktionsweise, dass man einen opfert, der ein bisschen unglücklich in der Öffentlichkeit agiert hat", sagte Michael Müller (SPD), Staatssekretär im Bundesumweltministerium, bei n-tv. Aber es gehe hier nicht nur um Austausch von Personen. Es gehe vor allem um eine Reform von Konzepten. "Und da muss die Firma Vattenfall schon noch was sagen", so Müller.
Panne "nicht gravierend"?
Unterdessen erweist sich das Problem mit nicht vorschriftsmäßigen Dübeln in einem Anlagebereich von Krümmel als offensichtlich größer als zunächst von Vattenfall gemeldet. Das für die Atomaufsicht zuständige Sozialministerium in Kiel stufte den Mangel von der Kategorie "N" (Normal) auf "E" (Eilt) hoch. Damit wird das Ereignis als möglicher Hinweis auf einen systematischen Fehler gewertet. Eventuell müssten alle 630 Dübel des Typs in der Anlage untersucht werden, sagte ein Sprecher des Ministeriums.
Zuvor hatte das Bundesamt für Strahlenschutz die Pannen in Brunsbüttel und Krümmel nach seinem bisherigen Wissensstand als "relativ ungefährlich" bezeichnet. "Nach allen Erkenntnissen, die wir haben, sind diese Störfälle nicht sehr gravierend gewesen", sagte der Präsident der Behörde, Wolfram König, im Deutschlandfunk. Dies seien jedoch vorläufige Bewertungen. Generell steige die Zahl meldepflichtiger Ereignisse bei älteren Anlagen, sagte König. "Die Vorfälle zeigen, dass es richtig ist, ältere Kraftwerke vom Netz zu nehmen."
Kritik an Vattenfall
Der Strahlenschutz-Experte kritisierte den Umgang des Betreibers Vattenfall Europe mit den Vorfällen in den beiden Atomkraftwerken. Dieser stehe nicht im Einklang mit den Sicherheitsanforderungen, "die die Betreiber nachweisen müssen". Die von Vattenfall angekündigte bessere Kommunikation könne das Unternehmen unter Beweis stellen, "indem es zum Beispiel dem Ministerium und der Aufsicht genehmigt, die Schwachstellenliste für das Kraftwerk Brunsbüttel offen zu legen". Dagegen laufe eine Klage.
Ältere Kraftwerke früher vom Netz
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel wertete das Vorgehen Vattenfalls als Einstieg in eine Diskussion darüber, dass ältere Kraftwerke früher vom Netz gehen und Laufzeiten auf jüngere übertragen werden sollten. Diese Möglichkeit sei mit den Betreibern im Atomkonsens vereinbart. Die Ablösung Thomauskes sei ein überfälliger Schritt gewesen, sagte der SPD-Politiker.
Die großen Energiekonzerne wollten zuletzt den umgekehrten Weg gehen: Mit Übertragung von Laufzeiten auf ältere Reaktoren sollten die Anlagen über die Wahlperiode und 2009 hinaus laufen. Vattenfall hatte so auch beantragt, dem Kraftwerk Brunsbüttel Laufzeiten vom neueren Krümmel zu übertragen. Dies müsste Gabriel aber genehmigen, was schon vor den Störfällen als unwahrscheinlich galt.
Quelle: ntv.de