Wut über Koran-Verbrennungen Tote bei Anti-Isaf-Protesten
22.02.2012, 20:49 Uhr
In Kabul protestierten Tausende Menschen gegen die Isaf-Truppen.
(Foto: dpa)
Mindestens neun Menschen sterben in Afghanistan bei Protesten gegen die westliche Militärallianz. Die Ausschreitungen entzünden sich an der Verbrennung von Koran-Ausgaben durch US-Truppen. Die Isaf-Truppen sollen zudem im Umgang mit religiösen Gegenständen geschult werden.
Bei neuen Protesten gegen die Verbrennung von Koran-Ausgaben auf dem US-Stützpunkt Bagram in Afghanistan sind mindestens neun Demonstranten getötet worden. Dutzende weitere wurden bei den Ausschreitungen in verschiedenen Landesteilen verletzt, wie die Behörden mitteilten. Präsident Hamid Karsai forderte die US-Armee auf, die Übergabe des Gefängnisses von Bagram an die Afghanen zu beschleunigen.
Im Bezirk Schinwar in der Provinz Parwan nördlich von Kabul starben sechs Menschen, wie eine Sprecherin der Provinzbehörden sagte. Bei Zusammenstößen mit der Polizei seien 13 weitere Menschen verletzt worden. Die Demonstranten hätten die Beamten mit Steinen beworfen. Jeweils einen weiteren Toten gab es nach Angaben des Gesundheitsministeriums in der Hauptstadt Kabul und in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad. Laut Innenministerium starb ein weiterer in der Provinz Logar südlich von Kabul.
In der Hauptstadt setzten wütende Demonstranten nach Angaben der Polizei Fahrzeuge in Brand und griffen Geschäfte an, hunderte Afghanen lieferten sich Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Dabei wurde auch auf die Demonstranten geschossen. Vor dem US-Stützpunkt Camp Phoenix in Kabul warfen Demonstranten mit Steinen, die Soldaten schossen daraufhin in die Luft. Von brennenden Autoreifen stieg schwarzer Rauch auf.
Soldaten werden nachgeschult
"Tod Amerika", riefen die Demonstranten in verschiedenen Teilen des Landes. In Dschalalabad setzten Studenten ein Bild von US-Präsident Barack Obama in Brand. Die US-Botschaft in Kabul riegelte das Botschaftsgebäude nach eigenen Angaben ab und untersagte den Mitarbeitern das Verlassen des Gebäudes. Im Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr im Norden Afghanistans gab es nach Angaben eines Sprechers des Verteidigungsministeriums in Berlin zunächst keine Zwischenfälle.
Bereits am Dienstag hatten tausende Afghanen den Stützpunkt Bagram attackiert, nachdem bekannt geworden war, dass US-Soldaten dort Ausgaben des Korans verbrannt hatten. In einer Stellungnahme entschuldigte sich der Oberkommandeur der Nato-geführten Afghanistantruppe Isaf, General John Allen, für den Vorfall und ordnete eine Untersuchung an. US-Verteidigungsminister Leon Panetta bedauerte die "unangemessene Behandlung" von Ausgaben des Korans.
In einer Direktive verpflichtete Kommandeur Allen zudem alle Soldaten dazu, spätestens bis zum 3. März an Schulungen zum angemessenen Umgang mit religiösem Material wie dem Koran teilzunehmen. Die Schulung der Soldaten werde die Erkennung, Bedeutung, Lagerung und den korrekten Umgang mit religiösem Material umfassen, teilte die Isaf mit.
Zwei US-Beamte, die anonym bleiben wollten, sagten, die US-Armee habe Bücher aus dem Gefängnis von Bagram entfernt, da die Häftlinge verdächtigt würden, sich mit Hilfe der Bücher heimlich Nachrichten zukommen zu lassen. Die Bücher wurden zu einer Müllverbrennungsanlage geschafft. Später stellte sich heraus, dass sich auch Koran-Ausgaben unter den Büchern befanden.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa