Politik

Erfurt gedenkt der Opfer Trauerfeier am Dom

Mit einer bewegenden Gedenkfeier haben am Freitag mehr als 100.000 Menschen Abschied von den Opfern des Schulmassakers in Erfurt genommen. Eine Woche nach der Bluttat versammelten sie sich mit Schülern, Lehrern sowie Angehörigen in Gedenken an die Toten auf dem Erfurter Domplatz.

Die Staatskapelle Weimar eröffnete die Gedenkveranstaltung mit dem zweiten Satz aus der Sinfonie „Die Unvollendete“ von Franz Schubert. Auf den 70 Stufen zum Domportal ist ein überdimensionales weißes Kreuz aufgestellt, davor Trauerkränze, Blumen und Kerzen.

Thüringens Ministerpräsident spricht

„Erfurt trauert, Deutschland trauert, die Welt trauert“, begann Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) seine Rede auf der Trauerfeier und gedachte der Opfer des Massakers. „Wir dürfen nicht schweigen. Unser Entsetzen darf uns nicht lähmen“, mahnte Vogel. Und weiter: „Wir wissen jetzt: Es gibt viel mehr Gemeinsamkeit und Gemeinsinn in unserem Volk, als wir es noch vor einer Woche um diese Stunde für möglich gehalten haben. Mitmenschlichkeit ist in Deutschland keine verloren gegangene Tugend. Damit geht von Erfurt auch Hoffnung aus.“

Des Bundespräsidenten Worte

„Wir sind ratlos. Wir haben nicht für möglich gehalten, dass so etwas bei uns geschieht“, sagte Bundespräsident Johannes Rau, der eine Liste der Opfer verlas. „Meine Gedanken gehen auch zur Familie des Täters. Niemand kann ihren Schmerz, ihre Trauer und wohl auch ihre Scham ermessen. Ich möchte Ihnen sagen: Was immer ein Mensch getan hat, er bleibt ein Mensch“, so Rau weiter.

Im Namen aller Schüler

Mit bewegenden Worten dankte die Gymnasiastin Constanze Krieg im Namen der 700 Schülerinnen und Schüler des Gutenberg-Gymnasiums ihren Lehrern. „Unsere Lehrer sind nicht nur Pädagogen für uns gewesen, sondern auch Vertraute und auf eine gewisse Art und Weise auch Freunde“, sagte sie. „Auch über den Unterricht hinaus redeten sie mit uns und waren für Diskussionen offen“. Die Schule sei immer von einer sehr familiären Atmosphäre geprägt gewesen, betonte sie. „Wenn man die Schule betrat, dann fühlte man die Geborgenheit wie in einem zweiten Zuhause“. Das solle auch wieder so werden.

Schweigeminute in Thüringen

Ganz Thüringen hatte um Punkt 12 Uhr eine Schweigeminute für die Opfer des Erfurter Schulmassakers eingelegt. Die Trauernden auf der zentralen Gedenkfeier auf dem Domplatz erhoben sich in stillem Gedenken. Das öffentliche Leben verstummte. Anschließend läuteten die Glocken.

Ökumenischer Gottesdienst

Beim ökumenischen Gottesdienst nach der Trauerfeier erinnerten 16 Kerzenständer an die 16 Opfer. Viele Trauergäste trugen brennende Kerzen und Blumen zur Erinnerung an die Toten. „Wir wollen uns vor den Getöteten verneigen“, sagte der evangelische Bischof Axel Noack zu Beginn. Anschließend stimmte ein Chor das Lied „Aus tiefer Not ruf ich zu dir“ von Martin Luther an. Mit Schweigen und dem Läuten der Glocke „Gloriosa“ des Erfurter Doms ging der Gottesdienst zu Ende

Später sollten die ersten der 16 Opfer der Bluttat beigesetzt werden. Film- und Foto-Aufnahmen von den Begräbnissen hat die Stadt Erfurt untersagt.

Herkunft der Tatwaffe

Inzwischen ist geklärt, woher Robert Steinhäuser die verwendete Pistole hatte. Er kaufte sie von einem Privatmann. Ein privater Waffenbesitzer habe die bei der Tat verwendete Pistole dem 19-Jährigen im vorigen Herbst verkauft, bestätigte die Staatsanwaltschaft Erfurt einen Bericht der „Thüringer Allgemeine“. Mit der Pistole hatte der Todesschütze vor einer Woche seine Opfer erschossen. Anschließend tötete er sich damit selbst.

Gegen den Verkäufer sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, das aber wieder eingestellt werde, sagte Behördensprecherin Anette Schmitt. „Der Anfangsverdacht des unberechtigten Waffenverkaufs hat sich nicht bestätigt.“ Der vorherige Besitzer der Pistole habe den Verkauf ordnungsgemäß beim Erfurter Ordnungsamt angezeigt.

Dagegen habe der Todesschütze den Erwerb der Pistole nicht binnen der vorgeschriebenen zwei Wochen gemeldet. Einen Verstoß der Ordnungsbehörde gegen Kontrollpflichten sah die Sprecherin nicht. Die polizeilichen Ermittlungen hatten ergeben, dass aus der Pistole über 40 Schüsse abgegeben worden waren. Die Pumpgun, die der Täter als zweite Waffe mit sich führte, benutzte er nicht.

Robert Steinhäuser hatte am Freitag vergangener Woche 16 Menschen und sich selbst erschossen. Inzwischen haben die Gerichtsmediziner die Obduktion der Opfer abgeschlossen. Danach starben die Getöteten durch Kopf-, Bauch- und Rückenschüsse aus der Pistole Steinhäusers.

Quelle: ntv.de

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