Politik

Ausnahmeregelung im Reformvertrag Tschechien setzt sich durch

(Foto: dpa)

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich am Donnerstagabend in Brüssel darauf geeinigt, Tschechien eine Sonderklausel zum Lissabon-Vertrag zuzugestehen. Der EU-Gipfel kam damit dem tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus entgegen, der als einziger Staatschef den Vertrag bisher noch nicht unterzeichnet hat. Nach Einschätzung der französischen Delegation könnte der Vertrag bereits am 1. Dezember in Kraft treten. Beim Klimaschutz gab es derweil keine Einigung.

"Das ist eine glückliche Fügung, dass gleich am ersten Tag meiner Amtszeit die Möglichkeit besteht, gleich mit so vielen neuen Kollegen zusammenzutreffen", sagt Außenminister Westerwelle (l.).

"Das ist eine glückliche Fügung, dass gleich am ersten Tag meiner Amtszeit die Möglichkeit besteht, gleich mit so vielen neuen Kollegen zusammenzutreffen", sagt Außenminister Westerwelle (l.).

(Foto: REUTERS)

Klaus, der die EU ablehnt, hatte Garantien gefordert, dass der Vertrag und die in ihm verankerte Grundrechtecharta keine Rückgabeansprüche von Sudetendeutschen ermöglichen, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf Grundlage der sogenannten Benes-Dekrete aus der Tschechoslowakei vertrieben worden waren. Die von Klaus beschworene Gefahr bestand nach Ansicht aller anderen EU-Regierungen ohnehin nicht, weil die Charta nicht rückwirkend gilt. Tschechien soll jetzt so wie bereits Großbritannien und Polen in einem Protokoll die Zusage bekommen, dass die Grundrechte-Charta hier nicht gilt.

Keine weiteren Bedingungen

Beim EU-Gipfel in Brüssel war Klaus nicht anwesend. Für den heutigen Freitag wird eine zustimmende Äußerung des tschechischen Präsidenten zum Lissabon-Vertrag erwartet. "Ich gehe davon aus, dass Klaus am Freitag eine offizielle Erklärung dazu abgeben wird", sagte sein Berater Jiri Weigel. Der Präsident werde keine weiteren Bedingungen stellen.

Tschechien ist der einzige der 27 EU-Mitgliedstaaten, der den Lissabon-Vertrag nicht ratifiziert hat. Dadurch konnte der Vertrag, der die EU demokratischer und effizienter machen soll, bisher nicht in Kraft treten. Das tschechische Verfassungsgericht will am 3. November über eine Klage tschechischer Senatoren gegen den Vertrag entscheiden. Erst danach ist eine Unterschrift des Präsidenten möglich.

Blair aus dem Rennen

Als Favorit für die Ratspräsidentschaft gilt der Niederländer Jan Peter Balkenende.

Als Favorit für die Ratspräsidentschaft gilt der Niederländer Jan Peter Balkenende.

(Foto: AP)

Das erweiterte Protokoll könnte in ein paar Jahren mit dem nächsten EU-Beitrittsvertrag, voraussichtlich dem Kroatiens, von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Der Reformvertrag sieht die Schaffung der Posten eines ständigen Ratspräsidenten und eines Hohen Repräsentanten für die Außenpolitik vor. Zur Entscheidung über diese wichtigen Personalfragen war ein Sondergipfel der EU Mitte November im Gespräch. Doch bereits der jetzige Gipfel stand im Zeichen der hitzigen Personaldebatte.

Der britische Ex-Premier Tony Blair hat keine Chancen mehr auf den Job des Ratspräsidenten. Als Labour-Politiker hätte er von den Sozialisten nominiert werden müssen. Diese wollen jedoch den künftigen EU-"Außenminister" stellen. Als Kandidaten für das Präsidentenamt werden der frühere belgische Premier Guy Verhofstadt, der niederländische Regierungschef Jan Peter Balkenende, Österreichs Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel und Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker genannt. Als ein Favorit für das Amt des Hohen Repräsentanten gilt Großbritanniens Außenminister David Miliband.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP

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