Niederländer helfen Tsvangirai auf der Flucht
23.06.2008, 16:48 UhrDramatische Zuspitzung der politischen Krise in Simbabwe: Aus Sorge um seine Sicherheit hat sich Oppositionsführer Morgan Tsvangirai in die niederländische Botschaft in Harare geflüchtet. Tsvangirai halte sich in der Vertretung auf, teilte der niederländische Außenminister Maxime Verhagen mit. Unterdessen stürmten bis zu 100 Polizisten in Harare die Parteizentrale von Tsvangirais Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC). Rund 60 Menschen seien festgenommen worden, berichtete der südafrikanische Rundfunk. Unter ihnen seien mehrere Gewaltopfer, die in der Zentrale Zuflucht gesucht hätten.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte eine Verschiebung der geplanten Stichwahl um das Präsidentenamt. Die Bedingungen, unter denen die Wahl stattfinden würde, stelle die Legitimität der Entscheidung infrage, warnte Ban. "Es gab zu viel Gewalt, es gab zu viel Einschüchterung", sagte er.
Tsvangirai hatte angekündigt, er werde bei der Stichwahl gegen Amtsinhaber Robert Mugabe nicht antreten. Als Grund nannte er Gewalt und Einschüchterung durch die Staatsmacht, bei der nach MDC-Angaben seit dem ersten Wahlgang Ende März mehr als 80 Menschen getötet wurden. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte: "Wo Menschen um ihr Leben fürchten, weil sie für die Opposition stimmen, ist Demokratie eine Farce."
Antritt in letzter Minute?
Der seit fast drei Jahrzehnten zunehmend autoritär regierende Mugabe hält ungeachtet des Rückzugs seines Herausforderers sowie internationaler Kritik an der für Freitag geplanten Wahl fest. Justizminister Patrick Chinamasa sagte der Staatszeitung "The Herald", es sei das elfte Mal, dass Tsvangirai mit Rückzug gedroht habe. Man nehme das nicht ernst.
Simbabwes Wahlkommission betonte, bis zu einer schriftlich vorliegenden Erklärung des Oppositionschefs über seinen Rückzug aus dem Rennen würden die Vorbereitungen für die Stichwahl weitergehen. Beobachter rätseln nun, ob sich Tsvangirai für eine Beteiligung in letzter Minute die Tür offenhält. Der Oppositionsführer hatte die Präsidentenwahl am 29. März zwar gewonnen, aber ebenso wie Mugabe eine absolute Mehrheit verfehlt.
Die US-Regierung forderte "die simbabwische Regierung und ihre Schläger" auf, die Gewalt sofort zu beenden. Der britische Premierminister Gordon Brown forderte ein Ende der "kriminellen Machenschaften" des Regimes in Harare. Die Europäische Union betrachtet eine mögliche Proklamation Mugabes zum Präsidenten ohne Beteiligung der Opposition an der Wahl als "nicht gültig".
Überlegen, wie es weitergeht
Der niederländische Minister Verhagen sagte der nationalen Nachrichtenagentur: "Tsvangirai hat vorübergehend Zuflucht bei uns gesucht, um seine persönliche Sicherheit zu gewährleisten." Tsvangirai überlege nun, wie er weiter vorgehen solle.
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) forderte die internationale Gemeinschaft auf, auf den Hilferuf aus Simbabwe zu antworten und endlich entschlossen der Gewalt entgegenzutreten. In Südafrika erklärte ein Sprecher von Präsident Thabo Mbeki, Tsvangirai habe mit Blick auf Verhandlungslösungen "die Tür nicht ganz zugeschlagen". Mbeki ist Vermittler des regionalen Staatenbunds SADC.
Quelle: ntv.de