Politik

Prozess gegen Zschäpe beginnt Türkische Gemeinde fordert Höchststrafe

Ab heute muss sich Zschäpe vor Gericht verantworten.

Ab heute muss sich Zschäpe vor Gericht verantworten.

(Foto: picture alliance / dpa)

In München startet heute einer der bedeutsamsten Prozesse der Nachkriegsgeschichte. Beate Zschäpe und vier weitere mögliche NSU-Helfer müssen sich für zehn rassistisch motivierte Morde verantworten. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland hofft auf eine lebenslängliche Hafttrafe. Verfassungsschutzpräsident Maaßen hält weitere Attentate von Rechtsextremen auch in Zukunft für möglich.

Vor dem Oberlandesgericht München beginnt heute die Aufarbeitung der Morde durch die rechtsextreme Terrorzelle NSU. Die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe sowie vier mögliche Helfer des "Nationalsozialistischen Untergrundes" müssen sich für die beispiellose Verbrechensserie verantworten.

Kenan Kolat möchte mehr über die Rolle des Verfassungsschutzes erfahren.

Kenan Kolat möchte mehr über die Rolle des Verfassungsschutzes erfahren.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland forderte lebenslängliche Freiheitsstrafen für die Beschuldigten. "Das ist ein Jahrhundertprozess. Es reicht nicht, die Beschuldigten zu verurteilen", sagte der Gemeindevorsitzende Kenan Kolat der "Mitteldeutschen Zeitung". "Wir hoffen, dass es zu Höchststrafen kommt. Und die Höchststrafe ist lebenslänglich." Zudem setze er darauf, dass das Verfahren die Verbindungen der Angeklagten zu den Sicherheitsbehörden offenlege, insbesondere Verquickungen mit dem Verfassungsschutz.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen verteidigte dagegen die Praxis seiner Behörde, über Vertrauensleute in rechtsextremistischen Strukturen Informationen zu gewinnen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir ohne V-Leute an die Zentren dieser Zellen nicht herankommen", sagte Maaßen in der ARD.

Zugleich schloss er weitere Attentate von Rechtsextremisten in Deutschland nicht aus. "Was uns große Sorge bereitet sind Einzeltäter, Kleinststrukturen, die sich im Internet zusammentun", sagte Maaßen. "Auszuschließen ist es nicht, dass es Personen gibt, die Terroranschläge im rechtsextremistischen Bereich begehen. Aber ich denke schon, dass wir eigentlich einen guten Überblick haben und es verhindern könnten."

Strenge Sicherheitsvorkehrungen

Die Bundesanwaltschaft legt Zschäpe Mittäterschaft an allen Verbrechen der rechtsextremen Terrorgruppe zur Last - darunter neun Morde an Geschäftsleuten türkischer und griechischer Herkunft, der Mord an einer Polizistin und zwei Sprengstoffanschläge. Die 38-Jährige hatte mehr als 13 Jahre lang mit ihren mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt unter falschen Identitäten gelebt. Mundlos und Böhnhardt töteten sich im November 2011 selbst, um einer Festnahme zu entgehen.

Das Verfahren findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Rund 80 Angehörige und Opfer treten als Nebenkläger auf. Bei den Angehörigen habe die Terrorserie zu einem erheblichen Verlust des Vertrauens in den Rechtsstaat geführt, sagte die Münchner Anwältin Angelika Lex, die die Witwe eines Opfers vertritt. Der Prozess sei eine "einmalige Chance", dieses Vertrauen und den Rechtsfrieden wieder herzustellen.

Wie viele Angehörige zum Prozessauftakt erscheinen werden, ist noch unklar. Am Sonntagnachmittag konnten sie sich bei einem Besichtigungstermin im Münchner Strafjustizzentrum ein Bild vom Gerichtssaal machen. Am Sonntagabend hatten sich bereits zahlreiche Journalisten und Fernsehteams vor dem Gebäude eingefunden, auf der Straße davor parkten Fernseh-Übertragungswagen. Auch mehrere türkische Teams waren vor Ort.

Die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Justizgebäude wurden erheblich verstärkt. Zum Prozessauftakt sind mehrere Demonstrationen gegen Rassismus und rechte Gewalt angemeldet. Die Veranstalter erwarten insgesamt rund 1000 Teilnehmer. Etwa 500 Polizisten sollen einen störungsfreien Prozessauftakt garantieren.

Quelle: ntv.de, AFP

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