USA vorab informiert Türkische Offensive im Irak
22.02.2008, 18:58 UhrDie Türkei hat eine der seit Jahren größten Bodenoffensiven gegen Lager der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak begonnen. Die Militäroperation, an der nach Angaben türkischer Fernsehsender mehr als 10.000 Soldaten teilnehmen, löste international Besorgnis aus. Das Weiße Haus in Washington berichtete derweil, dass die Regierung in Ankara die USA und den Irak vorab informiert hatte.
Die türkischen Soldaten seien bis zu zehn Kilometer tief in das Nachbarland eingedrungen, berichteten Fernsehsender. Der türkische Generalstab teilte mit, der Einsatz richte sich nur gegen die als Terrororganisation eingestufte PKK und sei zeitlich begrenzt. Das türkische Parlament hatte grenzüberschreitende Einsätze genehmigt, nachdem die PKK im vergangenen Jahr aus dem Irak mehrfach tödliche Angriffe gestartet hatte.
Bei der Offensive sind nach kurdischen Angaben zwei türkische Soldaten getötet worden. Ahmet Deniz, ein Vertreter der in der Türkei verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK, sagte der Agentur Stimme des Iraks, es gebe schwere Kämpfe. Von türkischer Seite gab es dafür keine Bestätigung.
Die türkischen Soldaten waren am Donnerstagabend in den Irak eingerückt. Dem Einsatz gingen mehrstündige Angriffe der Luftwaffe auf mutmaßliche Stellungen der PKK voraus. Am Freitag unterstützen 50 Kampfhubschrauber den Einsatz der Bodentruppen. Unter den Soldaten sollen 3000 Mitglieder von Spezialeinheiten sein, berichteten türkische Medien. Das bergige Grenzgebiet ist um diese Jahreszeit weitgehend verschneit.
"Ziel dieses Einsatzes ist die Terrororganisation PKK. (...) Zivilisten und örtliche Einwohner, die sich den türkischen Kräften gegenüber nicht feindlich verhalten, werden nicht betroffen sein", hieß es in einer Erklärung des Generalstabes. Der Einsatz werde beendet, "sobald die geplanten Ziele erreicht sind".
Ein Sprecher der kurdischen Sicherheitskräfte in der nordirakischen Stadt Erbil erklärte, seit Donnerstag seien 2000 zusätzliche kurdische Kämpfer ("Peschmerga") in die Nähe der Grenze verlegt worden, "um sich der türkischen Armee entgegenzustellen, falls dies notwendig werden sollte". Nach kurdischen Angaben wurden bei den türkischen Angriffen auch zwei strategisch wichtige Brücken zerstört.
"Destabilisierungsrisiko"
Die Regierung in Berlin äußerte "große Sorge". Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, die Präsenz türkischer Truppen im Irak sei ein "nicht unerhebliches Destabilisierungsrisiko". EU-Chefdiplomat Javier Solana sagte zum Abschluss eines Treffens der EU-Verteidigungsminister im slowenischen Brdo: "Die Aktion ist nicht die beste Antwort." Die EU habe zwar grundsätzlich Verständnis für die türkischen Probleme mit der PKK. "Aber die territoriale Integrität des Iraks ist uns sehr wichtig", sagte Solana.
In Washington sagte ein Sprecher des Weißen Hauses: "Wir wurden unterrichtet und wir haben bei der türkischen Regierung darauf gedrungen, dass sie ihre Operationen auf das präzise Ziel der PKK, im Ausmaß und der Dauer begrenzt." Er wies weiter darauf hin, dass es zwischen dem Irak, der Türkei und den USA einen ständigen Dialog darüber gebe, wie der Bedrohung durch die PKK am besten begegnet werden könne. Die USA pflegten als NATO-Verbündeter seit langem einen geheimdienstlichen Austausch mit der Türkei. Dieser Austausch sei im Hinblick auf die PKK intensiviert worden.
Quelle: ntv.de