Politik

Will Gaddafi ins Exil? UN schicken Erkundungsteams

Rebellen bringen sich vor dem Beschuss der Gaddafi-Truppen in Sicherheit.

Rebellen bringen sich vor dem Beschuss der Gaddafi-Truppen in Sicherheit.

(Foto: REUTERS)

Erkundungsteams von UN und EU sollen Klarheit vor allem über die humanitäre Lage in Libyen bringen. Auch militärisch ist die Situation schwer abzuschätzen; sowohl Gaddafi-Gegner als auch Regierungstruppen melden Erfolge. Dabei steigt die Zahl der Toten und Verletzten stündlich.

Der Italiener Agostino Miozzo soll das EU-Teal leiten.

Der Italiener Agostino Miozzo soll das EU-Teal leiten.

(Foto: REUTERS)

Angesichts der unübersichtlichen Lage und bürgerkriegsähnlichen Kämpfen schicken UN und EU "humanitäre Erkundungsteams" nach Libyen. Der libysche Außenminister Mussa Kussa habe in einem Telefonat mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon der sofortigen Entsendung eines UN-Teams nach Tripolis zugestimmt, teilte ein UN-Sprecher mit.

Als Sondergesandten für Libyen ernannte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den ehemaligen jordanischen Außenminister Abdul Ilah Chatib. Er soll schon in Kürze Beratungen mit den Behörden in Tripolis und den Regierungen in der Region aufnehmen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte die Ernennung des erfahrenen Politikers und forderte erneut, den Druck auf die libysche Führung weiter zu erhöhen. "Der UN-Sicherheitsrat muss sich erneut mit der Lage in Libyern befassen. Weitere gezielte Sanktionen wie ein Stopp aller Zahlungen an das Gaddafi-Regime gehören dringend auf die Tagesordnung von EU und Vereinten Nationen", verlangte der Außenminister.

Ein Team der Europäischen Union Unter Leitung des Italieners Agostino Miozzo ist nach Mitteilung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton bereits auf dem Weg nach Libyen. Die Reise dient vor allem der Vorbereitung des Libyen-Sondergipfels am kommenden Freitag. Die Gruppe soll in den nächsten Tagen prüfen, wie die 27 EU-Staaten weitere Unterstützung für die Menschen im Land leisten können.

Militärische Lage unübersichtlich

Ras Lanuf ist eine der Ortschaften, die heiß umkämpft sind und in denen stündlich die Fronten wechseln.

Ras Lanuf ist eine der Ortschaften, die heiß umkämpft sind und in denen stündlich die Fronten wechseln.

(Foto: AP)

Unterdessen halten die Kämpfe in dem nordafrikanischen Land an. Die Rebellen leisteten ihrerseits nach wie vor erbitterten Widerstand und kontrollierten weite Teile im Osten des Landes. Aber auch die Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi meldeten Erfolge. Dabei steigt die Zahl der Toten und Verletzten immer weiter.

Ein Brennpunkt des Konflikts ist die nach Tripolis und Bengasi drittgrößte Stadt Misurata im Westen des Landes. Salah Badi, der Kommandeur der Aufständischen in Misurata, sagte, seit 4 Uhr sei die Lage in der Stadt ruhig. In der Nacht seien die Truppen Gaddafis mit 42 Militärfahrzeugen und sieben Panzern in die Stadt eingedrungen.

Die Soldaten des Machthabers hätten sich heftige Gefechte mit den Aufständischen geliefert und sich dann wieder aus der Stadt zurückgezogen. Zwei Panzer seien von den Regimegegnern zerstört worden. Mehr als 40 Menschen starben. 24 Soldaten und Söldner sowie 17 Aufständische und ein zwei Jahre altes Mädchen seien ums Leben gekommen, sagte Badi.

Nach Rebellenangaben wurden bei den Kämpfen mehr als ein Dutzend Soldaten gefangen genommen. Ein Sprecher der Aufständischen sagte dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira, von den 14 gefangenen Soldaten der Chamies-Brigade seien vier verletzt in ein Krankenhaus gebracht worden.

Auch im Osten wurde rund um das Dorf Bin Dschawad an der Mittelmeerküste wieder gekämpft. In dem Ort, der am Wochenende zunächst von den Rebellen eingenommen und dann von Gaddafis Truppen zurückerobert worden war, starben am Sonntag nach Angaben eines Krankenwagenfahrers sieben "Revolutionäre". 65 Menschen seien zum Teil schwer verwundet worden.

Die arabische Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat" berichtete, Gaddafi habe am Sonntag in der Hauptstadt Tripolis Waffen und Munition an junge Männer verteilen lassen, die aus dem Kreis der Unterstützer seines Regimes stammen. Diese Männer hätten in mehreren Vierteln sinnlos herumgeballert, um Chaos zu stiften.

Gaddafi soll Exil vorgeschlagen haben

Tausende flohen vor den Kämpfen nach Tunesien.

Tausende flohen vor den Kämpfen nach Tunesien.

(Foto: AP)

Zugleich soll Gaddafi Kontakt zum neuen "Nationalrat" in Bengasi aufgenommen haben - angeblich um vorzuschlagen, dass er mit seiner Familie ins Exil geht. Seine Bedingungen seien: Die neuen Machthaber lassen ihn mitsamt seinem Vermögen ausreisen und verzichten auf Ermittlungen gegen ihn und seinen Clan, berichtete "Al-Sharq Al-Awsat". Die Übergangsregierung der Aufständischen habe auf diesen Vorschlag, der ihnen von einem Vermittler unterbreitet worden sei, noch nicht reagiert.

Dschumaa Ibrahim, ein Staatssekretär im libyschen Außenministerium, nannte es "nicht akzeptabel und illegal", dass französische und britische Diplomaten Kontakte zu den Rebellen im Osten des Landes aufgenommen hätten. Der einzige Ansprechpartner für die Regierungen dieser Länder müsse die libysche Regierung sein.

Britisches Team wieder frei

Ein von Aufständischen im Osten Libyens festgehaltenes britisches Diplomatenteam ist am Sonntagabend wieder freigelassen worden. Die Gruppe, darunter angeblich sechs Elitesoldaten der Kommandotruppe SAS, sollte britischen Medienberichten zufolge Gespräche mit den Gaddafi-Gegnern aufnehmen. Kurz nach ihrer Ankunft am Freitag waren die Männer jedoch festgenommen worden.

Der britische Verteidigungsministers Liam Fox bestätigte, dass britische Diplomaten in Bengasi mit Rebellen gesprochen hätten. "Aber ich werde dazu keinen weiteren Kommentar abgeben", sagte er.

Ein Sprecher der libyschen Opposition hatte angegeben, ein britischer Diplomat und mehrere britische Soldaten seien nach ihrer Ankunft in einer von Rebellen kontrollierten Zone festgenommen worden. Ein Sprecher des oppositionellen Nationalrats sagte, das Gremium habe es abgelehnt, mit den Briten zu sprechen. Diese Entscheidung sei "wegen der Art, wie sie ins Land gekommen sind", gefallen, führte Abdul Hafis Ghoka aus. Die acht Briten seien zunächst festgenommen worden, "weil sie auf informelle Weise und ohne irgendeine Abmachung ins Land gekommen" seien.

Die "Sunday Times" hatte berichtet, das unerwartete Auftauchen der Briten habe die Aufständischen verärgert. Sie fürchteten demnach, dass Machthaber Gaddafi die Präsenz ausländischer Truppen im Land für seine Zwecke instrumentalisieren könnte.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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