Lebensmittel-Krise UN und Weltbank greifen ein
29.04.2008, 10:08 UhrDie Weltbank will angesichts der weltweit drastischen Verteuerung von Nahrungsmitteln ihre Finanzhilfen für Afrika deutlich ausweiten und mit den Vereinten Nationen einen Krisenstab zur Bewältigung der Probleme bilden. Die Krise habe dramatische Ausmaße angenommen und treffe die Ärmsten, die sich kaum noch selbst ernähren könnten, erklärten Weltbank-Präsident Robert Zoellick und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Um das zu ändern, müssten auch Export-Verbote für Lebensmittel aufgehoben werden, weil dadurch die Preise sinken würden. Zudem müsse die internationale Gemeinschaft dem Welternährungsprogramm dringend die geforderten 755 Millionen Dollar Nothilfen zur Verfügung stellen. Es gehe um eine beispiellose Herausforderung globalen Ausmaßes.
Die Kredite für landwirtschaftliche Projekte in Afrika sollten binnen Jahresfrist auf 800 Millionen Dollar verdoppelt werden, erklärte Zoellick in Bern bei einem Treffen von 27 internationalen Organisationen. Zudem werde erwogen, armen Staaten mit Schnellkrediten zu helfen. Damit sollten die Probleme im Zuge der weltweiten Preisexplosion gemildert werden. Daneben müsse die internationale Gemeinschaft auch langfristige Lösungen wie eine Stärkung des Welthandels in Angriff nehmen. Der geplante Krisenstab (Task Force) soll eine Liste dringlicher Maßnahmen erarbeiten und deren Umsetzung überwachen.
Den UN zufolge ist der Nahrungsmittel-Preisindex, der die Marktpreise für Getreide, Milchprodukte, Fleisch, Zucker und Öl spiegelt, von März 2007 zu März 2008 um 57 Prozent gestiegen. In Asien, Nordafrika und der Karibik ist es wegen der Verteuerung wiederholt zu Protesten gekommen. Gründe für den Anstieg sind unter anderem höhere Energiekosten, eine stärkere Nachfrage nach Nahrungsmitteln in Asien und der durch Subventionen geförderte Biosprit-Boom. Zudem lagern manche Länder ihre Ernten aus Sorge vor Mangel vermehrt ein. Experten sehen den Preisanstieg auch dadurch bedingt, dass Finanzinvestoren in der Hoffnung auf hohe Renditen an den Börsen verstärkt auf Produkte wie Reis und Weizen setzen.
Der Welthandelsorganisation (WTO) zufolge zeigt die Krise, wie wichtig ein Abschluss der Doha-Gespräche zur Liberalisierung des Welthandels ist. Ein gemeinsames Vorgehen unter dem Dach der Vereinten Nationen (UN) könne den WTO-Mitgliedern "die nötige politische Energie geben, den Entwicklungsländern bei der Steigerung ihrer Lebensmittelproduktion zu helfen", sagte WTO-Chef Pascal Lamy in Bern.
EU soll Biosprit-Ziel überdenken
Kirchliche Hilfsorganisationen forderten die Bundesregierung auf, die EU zu einer Änderung ihres Biosprit-Ziels zu drängen. Der EU-Plan, den Biosprit-Anteil am gesamten Treibstoff bis 2020 auf zehn Prozent auszubauen sei sehr problematisch und müsse überdacht werden, sagte Misereor-Chef Josef Sayer in Berlin. Die Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen zur Gewinnung von Biotreibstoff führe besonders in Lateinamerika zu neuer Armut.
Quelle: ntv.de