Politik

Trotz Warnungen vor Terrorgefahr US-Außenamt wiegelt ab

Schon Wochen vor dem Anschlagsversuch auf ein Passagierflugzeug hatte der Vater des Attentäters vor diesem gewarnt - doch vergeblich. Nun wiegelt die US-Regierung ab: Die Informationen seien "unzureichend" gewesen. Die britische Universität, an der der 23-Jährige studiert hatte, weiß indes zu berichten: Der junge Mann sei "wohlerzogen", "freundlich" und "fähig" gewesen.

Eine Grafik auf einer militanten Website.

Eine Grafik auf einer militanten Website.

(Foto: AP)

Dem mutmaßlichen Flugzeug-Attentäter von Detroit konnte nach Angaben der US-Regierung trotz der Warnungen seines Vaters das Visum nicht entzogen werden. Dazu seien die Informationen, die das US-Außenministerium und das US-Zentrum für Terrorbekämpfung (NCTC) aus Nigeria erhalten hatten, "unzureichend" gewesen, sagte Außenamtssprecher Ian Kelly. Demnach informierte der Vater des 23-jährigen Umar Faruk Abdulmutallab am 19. November die US-Botschaft in Abuja über die extremen religiösen Ansichten seines Sohnes. Einen Tag später habe die Botschaft dies an das Ministerium und das NCTC weitergegeben. Laut Kelly lag die Entscheidung über einen Entzug des Visums beim NCTC, das für Terrorverdächtige zuständig sei.

Nach Angaben der jemenitischen Botschaft in Washington hielt sich Abdulmutallab von Anfang August bis Anfang Dezember im Jemen auf. Ihm sei ein Visum für einen Arabisch-Sprachkurs ausgestellt worden. "In seinem Pass waren ein gültiges US-Visum und andere ausländisch Visa. Es gab nichts Verdächtiges an seiner Absicht, den Jemen besuchen zu wollen", hieß es in einer Erklärung.

"Freundlich" und "fähig"

Abdulmutallab (links vorne) bei einer Anti-Kriegs-Demo in London.

Abdulmutallab (links vorne) bei einer Anti-Kriegs-Demo in London.

(Foto: AP)

Die britische Universität, an der der 23-Jährige zwischen 2005 und 2008 Maschinenbau studiert hatte, bezeichnete den jungen Mann als "wohlerzogen", "freundlich" und "fähig". Abdulmutallab sei während seines Studiums Vorsitzender der islamischen Gemeinschaft der Universität gewesen, teilte das University College in London weiter mit. Er habe seinen Dozenten jedoch nie Anlass zur Sorge gegeben.

Im Mai verhängten die britischen Behörden allerdings ein Einreiseverbot gegen ihn, nachdem ihm ein Studenten-Visum verweigert worden war, wie Innenminister Alan Johnson erklärte. Seitdem stand Abdulmutallab auch auf einer britischen Beobachterliste.

Gerichtstermin im Januar

Abdulmutallab soll am 8. Januar im US-Staat Michigan vor Gericht erscheinen. Der Attentäter hatte am ersten Weihnachtstag Sprengstoff an Bord eines mit fast 300 Menschen besetzten Airbus der US-Gesellschaft Delta geschmuggelt und vor der Landung in Detroit zünden wollen. Eine Katastrophe wurde vor allem durch das Eingreifen von Passagieren verhindert, aber auch, weil der Zünder versagte. Bei dem Sprengstoff soll es sich um 80 Gramm des hochexplosiven PETN handeln, das laut US-Medien in die Unterwäsche des Nigerianers eingenäht gewesen sein soll.

Obama will Terroristen zurückschlagen

Obama will entschlossen gegen die Terroristen vorgehen.

Obama will entschlossen gegen die Terroristen vorgehen.

(Foto: AP)

US-Präsident Obama versprach unterdessen eine umfassende Aufklärung des versuchten Attentats und drohte zugleich internationalen Terrorgruppen. Seine Regierung werde nicht ruhen, bis alle an den Plänen Beteiligten zur Verantwortung gezogen sind, sagte Obama. Die USA würden "jedes Element unserer Macht als Nation" nutzen, um Extremisten zurückzuschlagen, die die USA bedrohen - "ob sie aus Afghanistan oder Pakistan, dem Jemen oder Somalia sind, oder von wo auch immer sie Attacken auf US-Boden planen".

Der US-Präsident ordnete an, sowohl die bisherige Handhabung von Listen mit verdächtigen Personen wie auch die allgemeinem Sicherheitsvorkehrungen im Luftverkehr grundlegend zu überprüfen. US-Heimatschutzministerin Janet Napolitano hatte eingeräumt, dass das Sicherheitssystem im Luftverkehr versagt habe. "Unser System hat in diesem Fall nicht funktioniert."

"Mythos zerschlagen"

Das jemenitische Militär bombardierte am 17. und 24. Dezember Al-Kaida-Stellungen im Jemen. Zahlreiche Zivilisten sollen dabei ums Leben gekommen sein.

Das jemenitische Militär bombardierte am 17. und 24. Dezember Al-Kaida-Stellungen im Jemen. Zahlreiche Zivilisten sollen dabei ums Leben gekommen sein.

(Foto: picture alliance / dpa)

In dem Al-Kaida-Schreiben vom 26. Dezember wird Abdulmutallab als "Bruder" und "Märtyrer" gelobt, der "mutig alle modernen und ausgeklügelten Technologien in Flughäfen in der ganzen Welt passiert" habe. Er habe mit Sprengstoff alle Sicherheitsschranken passiert und damit den "großen Mythos des US-Geheimdienstes" zerschlagen. Zudem rief der Al-Kaida-Ableger dazu auf, die Mitarbeiter westlicher Botschaften in der Region in einem "totalen Krieg gegen die Kreuzzügler" zu töten. Die Gruppe wirft den US-Streitkräften vor, von Schiffen im Golf von Aden aus Raketen auf den Jemen geschossen zu haben.

Die "New York Times" berichtet, die USA hätten im Jemen bereits seit längerem eine neue Front im Anti-Terrorkampf eröffnet. In aller Stille hätten die USA eine verdeckte Operation gegen die dortige El Kaida begonnen. Unter anderem seien schon seit etwa einem Jahr einige der besten im Anti-Terrorkampf geschulten CIA-Agenten in dem arabischen Land, zum anderen hätten Spezialkommandos mit der Schulung jemenitischer Sicherheitskräfte begonnen.

Behinderungen bei Flügen

Der versuchte Anschlag hat zu verschärften Sicherheitsmaßnahmen auf Flügen in die USA und im Land selbst geführt. Ein Lufthansa-Sprecher rief US-Reisende auf, früher als sonst zum Einchecken zu kommen und möglichst wenig Handgepäck mitzunehmen. Einzelheiten der verschärften Kontrollen nannte er nicht. Bei British Airways und Air Canada müssen Reisende in der letzten Stunde vor der Landung sitzenbleiben und dürfen nicht ans Handgepäck.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts

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