Keine Resolution für Libyen-Einsatz US-Kongress watscht Obama ab
24.06.2011, 20:08 UhrDas US-Repräsentantenhaus verweigert die Zustimmung für eine Resolution, die den US-Einsatz in Libyen genehmigt hätte. Die Abgeordneten verübeln Präsident Obama, dass er das Parlament nicht eingebunden hat. Derweil stehen die libyschen Rebellen indirekt in Kontakt mit Machthaber Gaddafi. Sie versuchen, ihn zum Rücktritt zu bewegen.
Der Widerstand des US-Kongresses gegen den Militäreinsatz in Libyen hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Das Repräsentantenhaus in Washington verweigerte in einem klaren Votum die Zustimmung für eine Resolution, die den von US-Präsident Barack Obama angeordneten Kampf der amerikanischen Streitkräfte gegen das Regime Gaddafis für ein Jahr ausdrücklich genehmigt hätte. Insgesamt fiel die Abstimmung mit 123 zu 295 aus. Die Abstimmung entfaltet keine gesetzliche Wirkung, ist aber ein deutliches politisches Signal an den Präsidenten.

In Bengasi kontrolliert ein Mann Sonnenschirme in den alten Farben des libyschen Königshauses, die auch die Rebellen verwenden.
(Foto: AP)
Vor allen die oppositionellen Republikaner lehnten eine Billigung der US-Beteiligung an dem NATO-Einsatz ab. Die Vorlage war gemeinsam von zwei prominenten Senatoren ins Parlament eingebracht worden, dem Demokraten John Kerry und dem Republikaner John McCain. Aber auch zahlreiche Demokraten stimmten gegen die Resolution, die unter anderem als einschränkende Bedingung vorsah, dass keine amerikanischen Bodentruppen in Libyen kämpfen dürften.
Viele Demokraten sind verärgert über Obamas Entscheidung, den Waffengang in Libyen nicht vorab vom Kongress billigen zu lassen. Wie die meisten Republikaner argumentieren sie, dass ein Präsident nach dem War Powers Act von 1973 das Militär nur mit Genehmigung aus dem Kapitol oder im Falle eines "nationalen Notstandes" in einem Konflikt in Übersee einsetzen darf. Ohne grünes Licht dürfen die Streitkräfte nicht länger als 60 Tage im Einsatz sein - die Frist war im Falle Libyens bereits am 20. Mai verstrichen.
Kurz darauf entschied sich das Repräsentantenhaus aber mehrheitlich gegen eine Blockade der Mittel für den Militäreinsatz. Die Abgeordneten schmetterten mit 238 gegen 180 Stimmen den von republikanischen Parlamentariern eingebrachten Entwurf klar ab. Die Vorlage wäre allerdings spätestens im von den Demokraten beherrschten Senat gescheitert.
"Manchmal Südafrika, manchmal Paris"
Die Rebellen in Libyen versuchen derweil, Machthaber Muammar al-Gaddafi in indirekten Gesprächen mit seinen Abgesandten zum Rückzug zu bewegen. Der Sprecher des libyschen Übergangsrates, Mahmud Schammam, bestätigte die Kontakte in einem Interview. Die Gespräche, die über Vermittler liefen, "finden manchmal in Südafrika statt und manchmal in Paris", sagte er der Pariser Tageszeitung "Le Figaro".
Richter des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag wollen am kommenden Montag über die Ausstellung von Haftbefehlen gegen Gaddafi und zwei seiner engsten Verbündeten entscheiden. Chefankläger Luis Moreno-Ocampo hatte diese am 16. Mai beantragt.
Offiziere fliehen nach Tunesien
In den indirekten Gesprächen mit Regimevertretern beharren die Aufständischen laut Schammam auf ihrer Forderung, dass Gaddafi und sein Clan die Macht abgeben müssten. "Manchmal nähern wir uns an, manchmal entfernen wir uns voneinander, das hängt vom augenblicklichen Humor Gaddafis ab", umschrieb der Sprecher des Übergangsrates die eher gemischten Ergebnisse dieses Dialogs.
Der Diktator verliert im Sicherheitsapparat immer mehr Unterstützung. 49 Flüchtlinge kamen aus Libyen im tunesischen Hafen Al Ketef an. Unter ihnen seien 19 desertierte Soldaten und Polizeioffiziere gewesen, berichtete die amtliche tunesische Nachrichtenagentur TAP.
Die von Moreno-Ocampo beantragten Haftbefehle richten sich gegen Gaddafi, dessen Sohn Saif al-Islam sowie den Geheimdienstchef Abdullah Senussi. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, darunter Morde, Folter, die Verfolgung unschuldiger Menschen und die Organisation von Massenvergewaltigungen zur Einschüchterung der Bevölkerung.
Sollten die Haftbefehle ausgestellt werden, wären alle 114 Mitgliedstaaten des IStGH verpflichtet, den libyschen Machthaber als mutmaßlichen Kriegsverbrecher festzunehmen, sobald sie die Möglichkeit dazu bekommen, erklärte ein Sprecher des Gerichtshofes in Den Haag. Gaddafi hat allerdings trotz anhaltender NATO-Luftangriffe immer wieder erklärt, er werde in Libyen kämpfen bis zum Tod.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts