Die Kolumne zur US-Wahl Der Fall Todd Akin
24.08.2012, 13:58 Uhr
Der Mann, der Mitt Romney in Schwierigkeiten gebracht hat: Todd Akin.
(Foto: Reuters)
Eigentlich gehört Todd Akin zu jenen Kandidaten für den US-Senat, mit denen die Republikaner die Mehrheit in dieser Kammer erobern wollen. Nun ist er zum Problem geworden. Am Nominierungsparteitag der republikanischen Partei darf er nicht teilnehmen.
Kann der verirrte Kommentar eines Außenstehenden wirklich eine sorgfältig geplante Präsidentschaftswahl durcheinanderbringen? Mitt Romney ist dabei, es herauszufinden.

Jonathan Mann moderiert bei CNN die wöchentliche Sendung "Political Mann". Seinen Kommentar zur US-Wahl sehen Sie immer sonntags um 22.30 Uhr auf CNN International.
Romney und weite Teile der republikanischen Partei hatten diese Woche mit einer Äußerung eines weniger bekannten Parteimitglieds zu kämpfen, die implizierte, manche Vergewaltigungen seien zweifelhaft und nur wenige Vergewaltigungen hätten Schwangerschaften zur Folge. Die Äußerung machte weltweit Schlagzeilen.
Der Kommentar wurde von Todd Akin geäußert, einem Abgeordneten im Repräsentantenhaus, der für einen Sitz im Senat kandidiert. Akin ist gegen Abtreibungen, selbst wenn eine Schwangerschaft die Folge einer Vergewaltigung ist.
"Wenn es sich um eine tatsächliche Vergewaltigung handelt, dann kennt der weibliche Körper Möglichkeiten, mit denen er versucht, das Ganze zu verhindern", sagte Akin.
Zu Akins Implikation, dass nur manche Vergewaltigungen "tatsächlich" Vergewaltigungen sind, kommt noch die verblüffende Behauptung, Vergewaltigungen würden normalerweise nicht zu Schwangerschaften führen.
"Laut Schätzungen des Fachblattes 'American Journal of Obstetrics and Gynecology' werden pro Jahr etwa 30.000 US-Amerikanerinnen in Folge einer Vergewaltigung schwanger", erläutert der Gynäkologe Dr. David Grimes. "Wir haben regelmäßig Vergewaltigungsopfer in unserer Praxis."
Akins Äußerung war nicht nur taktlos und falsch, sondern auch ein Rückschlag für die Republikaner im Senat und für Mitt Romneys Hoffnungen auf den Einzug ins Weiße Haus.
Romney liegt bereits hinter Präsident Barack Obama. Eine aktuelle Umfrage des Senders NBC und des "Wall Street Journal" ergab, dass 48 Prozent der US-Wähler Obama unterstützen, im Vergleich zu 44 Prozent für Romney.
Der Unterschied ist bei den weiblichen Befragten noch größer. 51 Prozent der Wählerinnen unterstützen Obama, während Romney nur 41 Prozent der Stimmen hat.
Obamas Anhänger bauen auf diesem Vorsprung auf. Sie behaupten, die republikanische Partei führe einen "Krieg gegen die Frauen", indem sie auf der Ablehnung von Abtreibungen beharren und die Pflicht zur Kostenübernahme von Verhütungsmitteln durch die privaten Krankenkassen verhindern wollen.
Obama hat seit Monaten keine offizielle Pressekonferenz mehr einberufen. Kürzlich ist er jedoch vor die Medien getreten, um seine Entrüstung über Akins Äußerung bekannt zu machen. "Eine Vergewaltigung ist eine Vergewaltigung", äußerte sich Obama. "Die Vorstellung, verschiedene Arten von Vergewaltigung in diesem Kontext zu analysieren, näher zu bestimmen und zu zerstückeln, ergibt keinen Sinn, weder aus der Sicht der US-Bürger noch aus meiner."
Bis zu Beginn dieser Woche haben die Republikaner enorme Hoffnungen und Millionen von US-Dollar in die Akin-Kampagne gesteckt. Die Demokraten haben momentan eine knappe Mehrheit im US-Senat. Akin galt als einer der wenigen Kandidaten der Republikaner, deren mögliche Siege die gewünschte Kontrolle für die Partei verschaffen würden.
Stattdessen finden sich Romney und einige andere führende Politiker der Republikaner nun in der ungewöhnlichen Lage, ein Mitglied aus den eigenen Rängen zu isolieren und sich von ihm abzuwenden, indem sie Akins Worte missbilligen und ihn dazu auffordern, aus dem Wahlkampf um den Sitz im Senat auszusteigen.
"Seine Kommentare zum Thema Vergewaltigung sind ungeheuerlich, beleidigend und falsch", sagte Romney.
Akin hat sich entschuldigt, weigert sich jedoch, aus dem Wahlkampf auszusteigen. Die republikanische Partei hat deshalb die Zahlungen für Akins Kampagne eingestellt und ihn dazu angehalten, nächste Woche daheimzubleiben und dem Parteitag in Florida nicht beizuwohnen, bei dem Romney offiziell zum Präsidentschaftskandidaten ernannt wird.
Der Akin-Vorfall war für Romneys Wahlkampf keine Katastrophe, stellte aber eine schmerzhafte Ablenkung dar, die sich tagelang hinzog und kein Ende finden wird, solange Akin weiter um den Sitz im Senat kämpft.
Quelle: ntv.de