Die Kolumne zur US-Wahl Der Kampf um Wisconsin
08.06.2012, 11:41 Uhr
Scott Walker hat das Vertrauen der Wähler zum zweiten Mal gewonnen - mit einem sehr teuren Wahlkampf.
(Foto: REUTERS)
Es war ein Stimmungstest für die anstehende Präsidentschaftswahl - und endete mit einer Schlappe für die Demokraten. Scott Walker, republikanischer Gouverneur von Wisconisn, übersteht ein wegen seiner drastischen Haushaltskürzungen eingeleitetes Abwahlverfahren. An wen geht der Bundesstatt im Herbst?
Ein beschaulicher US-Bundesstaat, der vor allem wegen seiner hervorragenden Käsesorten bekanntist, bot dem Rest des Landes diese Woche eher schwer verdauliche Kost: In Wisconsin fand ein emotional aufgeheizter und sehr kostspieliger Wahlkampf zum Thema "Haushaltskürzungen" statt - ein Problem, mit dem sich momentan viele Regierungen weltweit herumschlagen müssen. "Heute sagen wir Wisconsin, sagen wir unserem Land und den Menschen weltweit, dass die Wähler in Wisconsin wirklich eine Führungsfigur wollen, die sich nicht scheut, harte Entscheidungen zu treffen", meinte Scott Walker, der Gouverneur des Bundesstaates, in seiner Siegesrede.
Die Bürger Wisconsins hatten fast eine Million Stimmen gesammelt, um ein Abwahlverfahren gegen Walker durchzusetzen. Der erzkonservative Politiker überstand die Abstimmung jedoch und gewann mit deutlichem Abstand vor dem Gegenkandidaten der Demokraten. Als der Kampf gegen ihn begann, war Walker dem Großteil der Bevölkerung in den USA kaum ein Begriff. Der ländlich geprägte Bundesstaat im Mittleren Westen wird oft übersehen; Amerikaner bringen ihn meist nur mit Käse in Verbindung - oder mit Footballfans, die bei Spielen der Mannschaft Green Bay Packers stolz ihre unverwechselbaren, riesigen Schaumstoff-Hüte in Käseform tragen.
Stimmungstest überstanden

Jonathan Mann, CNN.
Wirklich bekannt wurde der Republikaner erst, als er als neuer Gouverneur von Wisconsin die Mittel des Haushalts in dem hoch verschuldeten Staat drastisch zusammenstrich. Die Lage ist zwar nicht so schlimm wie in einigen südeuropäischen Ländern, aber Walker ist auch einer derjenigen Gouverneure, die ihren Staat erst gar nicht in solch eine Bedrängnis kommen lassen wollen. Letztes Jahr hat er in diesem Zusammenhang nicht nur die Gehälter der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gekürzt, sondern auch die Rechte der Gewerkschaften stark beschnitten. Sein Vorhaben hat zu heftigen Protesten in der Bevölkerung geführt: Aktivisten und Gesellschaftsvertreter besetzten das Capitol in Madison und schalteten es über Wochen so gut wie aus. Einige Abgeordnete der Demokraten versuchten sogar, die Abstimmung zu dem Thema zu vereiteln; sie flohen aus dem Bundesstaat und versteckten sich, damit das nötige Anwesenheitsquorum nicht zustande kommen konnte.
Walker gelang es dennoch, seine Budgetkürzungen durchzusetzen. Dabei verärgerte er allerdings 900.000 Wähler so sehr, dass sie eine Petition unterschrieben, um ein Votum über seinen Verbleib im Amt zu erzwingen. Der Wahlkampf galt bald bei vielen republikanischen und demokratischen Organisationen, den Gewerkschaften und politischen Beobachtern als Stimmungstest für die Präsidentschaftswahl im November.
Walker stand dem gleichen Herausforderer der Demokraten wie bei der Wahl vor eineinhalb Jahren gegenüber, doch dieses Mal war der Wahlkampf wegen der Millionenbeträge, die von Großspendern und Lobbygruppen hineingepumpt wurden, fast doppelt so teuer. Walker gewann schließlich mit deutlichem Abstand. Wisconsin hat bislang bei den Präsidentschaftswahlen oft die demokratischen Kandidaten gewählt; Barack Obama gewann dort 2008. Sein republikanischer Gegner Mitt Romney und er hatten sich aus der erbittert geführten Auseinandersetzung weitgehend herausgehalten, doch das Ergebnis wirft lange Schatten. Beide Parteien, die Republikaner und die Demokraten, wollten im Hinblick auf die Wahl im November beweisen, dass sie den Bundesstaat gewinnen können. Die Republikaner fühlen sich nun in ihrem Kurs bestärkt und glauben, mit Haushaltskürzungen die Wahl gewinnen zu können - wie eben in Wisconsin geschehen.
Quelle: ntv.de