Die Kolumne zur US-Wahl Obama muss Europa fürchten
22.06.2012, 11:24 Uhr
Europa wird indirekt zum Wahlkampfthema. Obama appelliert an Merkel.
(Foto: AP)
Europas Konjunkturprobleme haben großen Einfluss die USA. Obama schaut deshalb mit Sorge über den Atlantik. Die US-Wirtschaft steckt in der Klemme, die Wähler wollen Arbeit haben. Wer Präsident werden will, muss der Lage Herr werden. Obama reagiert mit Schuldzuweisungen.
Nachdem die Präsidentschaftswahl in den USA immer näher rückt, stellt Barack Obama fest, dass Europa ihm am Ende einen Strich durch die Rechnung machen könnte. "Europa ist unser größter Handelspartner. Ein langsameres Wachstum dort bedeutet ein langsameres Wachstum des US-Arbeitsmarkts", so Obama diese Woche auf dem G20-Gipfel in Mexiko, bei dem die Schuldenkrise in Europa das wichtigste Thema war. "Die wirtschaftliche Lage Europas hat unter Umständen Einfluss auf die US-Wahl."
Seit geraumer Zeit stagniert die Arbeitslosenquote in den USA bei etwas über 8 Prozent und könnte droht weiter anzusteigen, wenn Europa in die Rezession zurückfällt. Bei Arbeitslosenzahlen dieser Größenordnung wurde bislang kein US-Präsident der Moderne wiedergewählt. Nach Meinung vieler Experten hatten die Konjunkturprobleme Europas bislang wenig Einfluss auf die US-Wirtschaft, doch mit den damit verbundenen potenziellen Ausfällen von US-Exporten, Investitionen, Banken und Aktienmärkten stellen sie das größte Einzelrisiko für die langfristige Erholung der USA dar.

Jonathan Mann, CNN.
Das sind keine guten Nachrichten für Obama, der bereits zuvor versucht hatte, die Verantwortung für die wirtschaftlichen Probleme Amerikas auf andere abzuwälzen. Nach seiner Amtseinführung, inmitten des schlimmsten Abschwungs der US-Wirtschaft seit der großen Depression der 1930er Jahre, machte er die Politik der Regierung Bush für die Krise verantwortlich. Regelmäßig wirft er den Republikanern im Kongress vor, Gesetzesvorhaben zu blockieren, die seine Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützen könnten. Nun hat er begonnen, an die schlechte Wirtschaftslage in Europa zu erinnern.
Signale in Richtung Europa
Der Republikaner Mitt Romney tut bei seinem Wahlkampf gerne so, als sei die Präsidentschaftswahl im November einzig eine Abstimmung über die wirtschaftliche Lage des Landes. Daher, so Romney, müsse Obama höchstpersönlich die Verantwortung auf diesem Gebiet übernehmen. "Der Präsident hatte mit seinem Kurs keinen Erfolg ? er hat versagt", attackierte Romney ihn diese Woche. "Er verdient es, abgewählt zu werden. Jetzt ist es an der Zeit, einem anderen eine Chance zu geben."
Auch Romney greift das Thema Europa in einigen seiner Attacken auf den Präsidenten auf. "Er will unser Land nach europäischem Vorbild umgestalten", klagte der republikanische Präsidentschaftskandidat diese Woche. "Er möchte ein staatliches Gesundheitssystem einführen und die Eingriffe von Seiten des Staates in das Leben der Bürger vergrößern. Die Bürger sollen immer mehr Steuern zahlen."
Trotz Romneys Kritik beteiligte sich Obama aktiv an den Diskussionen zu Europas Problemen. Er versuchte, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel davon zu überzeugen, ähnliche Maßnahmen wie er zu ergreifen: Statt eines harten Sparkurses solle sie vielmehr auf Staatsausgaben und Konjunkturanreize setzen. Doch die Ratschläge und Schuldzuweisungen, die Obama über den Atlantik sendet, haben wohl nur eine geringe Wirkung in den USA. Schließlich müssen sich die US-Wähler am Ende zwischen Romney und Obama entscheiden. Am Wahltag gibt es keinen Stimmzettel für oder gegen Europa.
Quelle: ntv.de