US-Wahl

Demokraten wieder im Aufwind Obama siegt auf halber Strecke

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Kämpferischer Obama, unerbittlicher Romney: Der Amtsinhaber und sein Herausforderer liefern sich in der zweiten TV-Debatte vor der US-Präsidentschaftswahl einen ungewöhnlich heftigen Schlagabtausch. Mehrfach wirft Obama Romney vor, den Wählern bewusst die Unwahrheit zu sagen. Beobachter sprechen von einem "Punktsieg für den Champion".

Obama wirft Romney bewusste Lügen vor.

Obama wirft Romney bewusste Lügen vor.

(Foto: REUTERS)

Das Obama-Lager kann aufatmen. Wie ausgewechselt gab sich der US-Präsident in der zweiten TV-Debatte. Diesmal ließ er seinem republikanischer Widersacher Mitt Romney nichts durchgehen, diesmal ging der Demokrat Barack Obama zum Angriff über, teilte Schläge aus. "Was Gouverneur Romney sagt, ist einfach nicht wahr", gleich mehrfach fuhr der Präsident seinem Herausforderer in die Parade. Das hatte Obama in der ersten Debatte so klar nicht an den Mann gebracht.

Den Joker hob sich Obama aber bis zum Ende auf. In seinem Schlusswort bei der zweiten TV-Debatte erwähnte der US-Präsident die abfällige Aussage des republikanischen Kandidaten Mitt Romney über jene "47 Prozent" der Wähler, die sich als "Opfer" betrachteten. "Denken Sie nach, über wen er da gesprochen hat", warnte er die Zuschauer. Obama war in diesem Moment wieder voll im Drehbuch seiner Wahlkampagne, in dem für Romney die Rolle des Finanzhais reserviert ist. Der Präsident meldete sich nach seinem schwachen Debattendebüt zurück, ein K.O.-Schlag gelang ihm aber nicht.

Nach dem ersten Fernsehduell Anfang Oktober hatte sich Obama Kritik aus den eigenen Reihen anhören müssen, weil er auf die naheliegende Attacke wegen der 47-Prozent-Aussage verzichtet hatte. Die Wählerschelte, die Romney bei einem heimlich gefilmten Spendendinner übte, passt schließlich genau in Obamas Strategie, sich als Garant für soziale Gerechtigkeit zu inszenieren.

Mit der Rekordverschuldung versucht Romney den Kampf zu drehen.

Mit der Rekordverschuldung versucht Romney den Kampf zu drehen.

(Foto: REUTERS)

Bei der Neuauflage in Hempstead im Bundesstaat New York nahm der Präsident Romney nun voll ins Visier. Sein Herausforderer verfolge das Ziel, "dass für die Leute an der Spitze andere Regeln gelten", sagte Obama. Während der Republikaner die Steuern für die Reichen senken wolle, werde er selbst die Topverdiener stärker in die Pflicht nehmen. Der Präsident kritisierte Romney auch dafür, sich als Finanzinvestor an Unternehmen beteiligt zu haben, die Jobs nach China verlagert hätten.

Obama und Romney gingen beide angriffslustig in die Debatte, bei der unentschlossene Wähler aus dem Publikum den beiden Kandidaten Fragen stellten. Immer wieder unterbrachen sie einander, belauerten sich auf der mit rotem Teppich ausgelegten Bühne an der Hofstra Universität wie zwei Boxer im Ring.

Romney punktet mit Schulden-Vorwurf

Romney hatte seine stärksten Momente bei den Fragen, die sich um die schwache Wirtschaft und die Rekordverschuldung drehten. In den vergangenen vier Jahren sei der Schuldenberg von zehn auf mehr als 16 Billionen Dollar angestiegen, sagte der Republikaner und warnte, dass Obama das Land "auf die Straße nach Griechenland" führen werde. Einem Studenten aus dem Publikum, der über die hohe Arbeitslosigkeit besorgt war, machte Romney Mut für die Jobsuche nach dem Abschluss: "Wenn Sie 2014 fertig sind, dann nehme ich an, dass ich Präsident bin. Ich werde dafür sorgen, dass Sie einen Job bekommen."

Einen Ausrutscher leistete sich Romney ausgerechnet bei dem tödlichen Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi, den die Republikaner als Beleg für das Scheitern von Obamas Außenpolitik anführen. Der Herausforderer warf dem Präsidenten vor, erst zwei Wochen nach der Attacke vom 11. September von einem "Terrorakt" gesprochen zu haben. Genüsslich klärte Obama ihn auf, dass er diese Formulierung bereits nach 24 Stunden bei einer Erklärung im Weißen Haus gebraucht habe. Rückendeckung bekam der Präsident dabei von der Moderatorin Candy Crowley.

Obama hebt Deutschlands Energiepolitik hervor

"Ich bin heute Abend so stolz auf meinen Ehemann", sagte Michelle Obama.

"Ich bin heute Abend so stolz auf meinen Ehemann", sagte Michelle Obama.

(Foto: dpa)

In der Debatte um die Energiepolitik hob Obama die deutschen Investitionen in erneuerbare Energien hervor und warnte vor kurzfristigem Handeln in den USA. "Wenn wir immer nur an den nächsten Tag und nicht an die nächsten zehn Jahre denken, werden wir unsere eigene wirtschaftliche Zukunft nicht in den Griff bekommen", sagte Obama. "Denn Deutschland und China leisten diese Investitionen. Und ich werde diese Jobs der Zukunft nicht an jene Länder abtreten. Ich erwarte, dass diese neuen Energiequellen bei uns hier in den USA aufgebaut werden." Romney kündigte für den Fall seiner Wahl an, die Förderung von Öl und Gas in den USA erheblich zu steigern.

Obama holt den Vorteil heraus

Das Urteil von Experten fiel nach dem Duell zu Gunsten von Obama aus. "Die Demokraten werden beruhigt sein, dass der Präsident wieder in die Offensive drängt", sagte Politikprofessorin Linda Fowler vom Dartmouth College. Bei den Republikanern werde dagegen die Enttäuschung überwiegen, dass Romney den Erfolg des ersten TV-Duells nicht habe wiederholen können. John Pitney, Professor am Claremont McKenna College, bescheinigte dem Präsidenten ebenfalls den besseren Auftritt: "Es war knapp, aber der Vorteil liegt bei Obama."

Die Republikaner zeigten sich dennoch davon überzeugt, dass ihr Kandidat drei Wochen vor der Wahl weiter im Aufwind ist. "Ich denke, die erste Debatte hat die Richtung dieses Rennens geändert", sagte Romneys Berater Eric Fehrnstrom. Am Dienstagabend sei nichts passiert, was den Trend drehen würde. Belastbare Umfragen werden erst in einigen Tagen erwartet.

Romney ist gut, wenn der andere Typ nicht präsent ist", sagte Joe Trippi, ein Berater der Demokraten, dem Sender Fox News mit Blick auf Obamas ersten Debatten-Flop. "Aber diesmal war Obama präsent."

Auch in Sachen Körpersprache hatte Obama in dieser Nacht auf Long Island dazugelernt: Diesmal schlug er nicht die Augen nieder, schaute nicht wie gebannt auf seine Schuhspitzen - diesmal blickte er meist direkt ins Publikum.

In einer Blitzumfrage des Nachrichtensenders CNN unter Zuschauern sprachen 46 Prozent dem Präsidenten den Sieg zu. Nur 39 Prozent sagten, Romney habe das Duell für sich entschieden. Außerdem waren 73 Prozent der Meinung, dass Obama besser abgeschnitten habe als erwartet. Der Sender CBS berichtete von 37 Prozent für den Demokraten und 30 Prozent für den Herausforderer.

Noch ist der Kampf Obama gegen Romney völlig offen. Mehr noch: Es gibt Experten, die meinen, überhaupt sei es in der Geschichte der US-Wahlkämpfe nur extrem selten vorgekommen, dass die Debatten entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis hatten.

Die beiden Kandidaten treffen am 22. Oktober noch einmal in einer dritten Debatte aufeinander - dann in Florida. Die Wahl selbst findet am 6. November statt.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts

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