Santorums Durchbruch Drei Siege, die nichts ändern
08.02.2012, 12:40 Uhr
Konservativ, aber irgendwie nicht seriös genug: Rick Santorum.
(Foto: REUTERS)
In den USA suchen die Republikaner verzweifelt nach der "konservativen Alternative" zu Mitt Romney. Zuletzt schien die Wahl auf Newt Gingrich gefallen zu sein, diesen nicht ganz lupenreinen Wiedergänger der 90er Jahre. Nun geht Rick Santorum als Sieger aus drei Vorwahlen hervor. Für ihn ist es ein Durchbruch. Ändern wird es nichts.
"Wird Dienstag den Durchbruch für Rick Santorum bringen?", hatte der konservative US-Sender Fox News vor den Vorwahlen in den drei Bundesstaaten Colorado, Minnesota und Missouri gefragt. Tatsächlich siegte der frühere Senator aus Pennsylvania in allen drei Staaten. Die Sache scheint klar zu sein: Das Duell zwischen Newt Gingrich und Mitt Romney ist zum Dreikampf geworden.
So jedenfalls würde Santorum die Sache gern sehen, und auch viele US-Medien hoffen, dass der republikanische Vorwahlkampf wieder spannend wird. Denn eigentlich war Santorum längst abgeschrieben. Zwar hatte er die erste Vorwahl am 3. Januar in Iowa gewonnen. Nur wusste das damals niemand, da Romney zum Sieger erklärt wurde - das Ergebnis war knapp, es wurde erst gut zwei Wochen später korrigiert. Dadurch fehlte Santorum das "Momentum", der Schwung, den Siege mit sich bringen.
"Die konservative Alternative"
In seiner Siegesrede in Missouri dankte Santorum zunächst den Wählern, dann Gott, schließlich seiner Frau. Sein Sieg, sagte er, sei "nicht nur ein Sieg für uns", sondern auch für "die Konservativen und die Leute von der Tea Party". Sie seien die "Basis der republikanischen Partei und die Stimme der Freiheit in diesem Land".
Besonders deutlich fiel Santorums Sieg in Missouri aus. Er erreichte 55 Prozentder Stimmen, das waren mehr als doppelt so viel wie Romney mit 25 Prozent. In Minnesota errang Santorum 45 Prozentder Stimmen, Zweiter wurde Paul mit 27 Prozent. Romney kam mit gerade einmal 17Prozent nur auf den dritten Platz. Besonders überraschend war Santorums Sieg inColorado, das im Vorfeld eigentlichals sicheres Romney-Terrain gegolten hatte. Santorum erzielte nachParteiangaben 40 Prozent der Stimmen, Romney nur knapp 35 Prozent.
In Minnesota und Colorado waren Bürger am Dienstagabend zu sogenanntenCaucuses zusammengekommen, um über die Bewerber zu diskutieren und anschließendabzustimmen. Minnesota hat 40, Colorado 36 Delegierte zu bestimmen. Die endgültigeVerteilung wird in beiden Staaten auf Parteitagen beschlossen, die Ergebnissevom Dienstag sind lediglich ein Richtwert.
Ein reiner Stimmungstest war der Urnengang in Missouri, wodie Bürger den ganzen Tag lang in Wahllokalen über die Bewerber der Republikanerabstimmen konnten. Die Entscheidung über die 52 Delegierten des Bundesstaatesfällt am 17. März, wenn sich die Republikaner zu Caucuses zusammenfinden.
Von zwei Gegenspielern vor allem setzte Santorum sich in seiner Rede ab: von Romney, dem er zum wiederholten Male vorwarf, nicht konservativ genug zu sein, und von US-Präsident Barack Obama, den er als arrogant, abgehoben und machtversessen darstellte. Zugleich machte er deutlich, worum es ihm geht: "Ich stehe hier nicht, um mich als konservative Alternative zu Mitt Romney darzustellen. Ich stehe hier, um die konservative Alternative zu Barack Obama zu sein."
Diese zwei Sätze greifen das zentrale Thema des republikanischen Wahlkampfes auf: Von Anfang an galt Romney als der wahrscheinliche Sieger der Vorwahlen, von Anfang an war klar, dass er aus Sicht der konservativen Basis und der erstarkenden Tea Party zu liberal ist, von Anfang an suchte die religiöse Rechte einen Anti-Romney, der eine reale Chance hätte, am Ende ins Weiße Haus einzuziehen. Gesucht wurde, kurz gesagt, die "konservative Alternative" zu Romney.
Makellose Vita
Der Haken: Man wurde nicht fündig. Ein Hoffnungsträger nach dem anderen verschwand von der Bühne. Übrig geblieben sind Gingrich und Santorum. Der eine, Gingrich, dieser konservative Wiedergänger, hat genauso viele Ehen wie Konfessionen in seinem Lebenslauf, jeweils drei. Der andere, Santorum, hat zwar die makellose Vita eines christlich-konservativen Republikaners: Der Katholik ist homophob bis an den Rand der Lächerlichkeit. Er hat, wie er erst kürzlich beteuerte, nie "an den Schwindel der Erderwärmung" geglaubt. Obamas Gesundheitsreform hält er für einen Angriff auf Gott und Freiheit.
Aber Santorum ist alles andere als der republikanische Superheld Ronald Reagan, mit dem der konservative Medien-Tycoon Rupert Murdoch ihn bereits verglichen hat. Selbst bei seiner Siegesfeier in Missouri wirkte er hölzern, einzelne Passagen seiner Rede sprach er stockend, das überschäumende Selbstbewusstsein von Romney ist ihm fremd. Für das liberale Amerika ist Santorum ohnehin längst eine Witzfigur. Jon Stewart, der Moderator der "Daily Show", sagte im vergangenen September über ihn: "Der Kerl ist ein Idiot." Vier Monate später hatte Stewart in seiner Sendung eine Eingebung: "Oh mein Gott, mir ist gerade was klar geworden: Rick Santorum ist genau der Typ, der Romney zu sein vorgibt!"
Romney bleibt der Favorit
Da ist, wie immer bei Stewart, einiges dran. Romney hat das Geld und die gute Organisation, aber seiner Basis fehlt der Enthusiasmus, den Kandidaten wie Santorum oder auch der Radikal-Libertäre (und wie immer chancenlose) Ron Paul bei ihren Anhängern verbreiten. Für Santorum bedeuten die drei Siege vom Dienstag, dass er im Rennen bleiben kann, mehr nicht. Vorerst heißt sein wahrer Gegner nicht Romney oder gar Obama, sondern Gingrich.
Denn auch nach den Wahlen in Missouri, Minnesota und Colorado bleibt wahr: Solange Santorum und Gingrich sich um die besonders konservativen Wähler streiten, muss Romney sich kaum Sorgen machen. Santorums Sieg hat daran nichts geändert.
Bei einem Auftritt in Colorado gratulierte Romney Santorum zu einer "guten Nacht". Zugleich betonte er, dass er davon ausgehe, am Ende der Kandidat der Republikaner zu sein. Dann, nach den Vorwahlen, werde die Partei wieder vereint stehen. Damit das passiert, braucht Romney einen überzeugenden "running mate", einen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, der ihn für die Konservativen doch noch wählbar macht. Auf diesen Job kann Santorum hoffen. Aber das war's dann auch schon.
Quelle: ntv.de