"National Review" legt ihm Rückzug nahe Gingrich soll aufgeben
13.02.2012, 23:11 Uhr
Newt Gingrich verliert mehr und mehr Rückhalt beim republikanischen Establishment.
(Foto: REUTERS)
Romney löst keine Begeisterung aus, doch Gingrich wollen sie definitiv nicht. Nun hat auch eines der einflussreichsten Magazine der Konservativen Gingrich den Rückzug nahegelegt. Der aber sieht sich als historische Figur - und setzt auf Chuck Norris.
Der US-Wahlkampf hat zwei Währungen: Die harte ist der Spenden-Dollar, die weiche sind die "Endorsements", also offizielle Bekundungen der Unterstützung für einen Kandidaten. Mitt Romney hat davon bereits viele gehortet, Rick Santorum ebenfalls. Newt Gingrich sammelt hingegen vor allem Ablehnung. Nun ist eine besonders schmerzliche Absage hinzugekommen.
Die "National Review" hat in ihrer Online-Ausgabe Gingrich den Rückzug aus dem Präsidentschaftswahlkampf geraten. Oder vielmehr: ihn dazu aufgefordert. "Als er in den Umfragen vor Santorum lag, hat er ihm zur Aufgabe geraten", schreibt die "Review". "Er sollte seiner eigenen Argumenten folgen und nun Santorum unterstützen und aussteigen."
Bezeichnend ist die Begründung der Redaktion für ihre Entscheidung: Nicht Gingrichs "verbale und intellektuelle Talente" seien der Grund, warum Santorum besser sei, sondern der Charakter des früheren Sprechers des US-Repräsentantenhauses. "Es ist unklar, ob Gingrich im Rennen bleibt, weil er glaubt, Präsident werden zu können, oder um seinen verletzten Stolz zu rächen."
"Review" bezieht Stellung für Santorum
Gleichzeitig schlägt sich die "National Review" deutlich auf die Seite von Santorum. Zwar seien die Ideen des ehemaligen Senators von Pennsylvania "fehlerhaft konzipiert", doch seine Fähigkeit, eine landesweite Kampagne zu organisieren, habe er unter Beweis gestellt - für die "Review" eine ausreichende Qualifikation.
Romneys Angriffe auf Santorum seien bisher "schwach" gewesen, "vermutlich, weil sie unehrlich waren". Der Mormone aus Massachusetts wärme nicht die Herzen der Konservativen, deswegen sei es auch "nicht genug", wenn er sich lediglich als cleverer Geschäftsmann verkaufe.
Die Positionierung der "National Review", wenn auch nur deren Online-Ausgabe, kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt für Gingrich. Mit dem Dreifachsieg von Santorum in Colorado, Minnesota und Missouri hat er den Anschluss verloren, während das Santorum-Lager jubelnd auf eine aktuelle Umfrage verweist: Demnach führt der Katholik und Vater von acht Kindern bundesweit vor Romney - wobei das verantwortliche Institut "PPP" den Demokraten zugeneigt ist. Gingrich fällt hingegen weiter zurück.
Wichtigstes Magazin der Konservativen
Und die "Review" ist nicht irgendein Magazin. Gegründet wurde es 1955 von William F. Buckely, einem der einflussreichsten Intellektuellen der Republikaner. Buckley gilt heute als Vater der konservativen Bewegung des späten 20. Jahrhunderts, ein kritischer Geist, der nicht nur den Kampf der Ideen mit den Linken suchte (die ihn insgeheim bewunderten), sondern sich auch immer wieder mit seiner eigenen Partei anlegte. Buckley wandelte sich vom überzeugten Rassisten zum Unterstützer der Bürgerrechtsbewegung und Gegner des Anti-Semitismus. Er war ein bedingungsloser Anti-Kommunist und nannte Spaniens Diktator Franco einen "Helden", doch den Neokonservativen um Bush Junior und dem Irak-Krieg stand er kritisch gegenüber.
Dass sich Buckles "National Reiview" von Gingrich distanziert, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass sich das Establishment der Republikaner von ihm abwendet. Gingrich aber macht keine Anstalten, auszusteigen. Im Gegenteil: Er setzt weiterhin auf eine bombastische Mischung aus Schwarzmalerei und persönlicher Überhöhung.
Gingrich zieht den "Chuck-Norris-Joker"
In seinem neuen Werbespot (siehe unten) bezeichnet er die kommende Wahl als die "wichtigste seit 1860" - wohlgemerkt wurde damals Lincoln Präsident und das Land versank kurz darauf im Bürgerkrieg. "Nächstes Jahr werden wir entscheiden, ob die desaströse Politik des Klassenkampfes, der bürokratische Sozialismus, der radikalen Richter und Bürokraten, die uns als Untertanen behandeln, weitergeführt werden darf", heißt es. Ein Stimme für ihn sei eine Absage an das "seit 80 Jahren voranschreitende Abrutschen nach links", so Gingrich. Eine erstaunliche Aussage für einen Historiker, wo doch die US-Präsidenten seit 1932 bis Obama zur Hälfte Republikaner und zur Hälfte Demokraten waren. Auch klingt es wie eine Kampfansage an die Ergebnisse der Bürgerrechtsbewegung, der Liberalisierung des Landes in den 60er Jahren und die Errungenschaften der sozialen Absicherungen.
Wenigstens einer hält noch zu ihm: Chuck Norris. Der Ex-Kampfsport-Star und Ex-TV-Schauspieler, der inzwischen vor allem von seinem Ruf als unbesiegbarer Übermensch lebt, hat sich zu Wort gemeldet. "Wie soll die Alternative zu Romney ein Romney-Unterstützer sein", fragt Norris auf Gingrichs Webseite und spielt damit auf die Wahl 2008 an, als sich Santorum tatsächlich für Romney aussprach. Darüber hinaus ist Norris eines von acht mehr oder weniger bekannten Gesichtern, mit denen sich Gingrich auf seiner Internetseite schmückt.
Ob ihm das allerdings helfen wird, ist fraglich. Schließlich gibt es inzwischen mehr Witze über Chuck Norris, als Newt Gingrich Unterstützer in der republikanischen Partei hat. Und die aktuellen Umfragen könnte nicht einmal Norris in Gingrichs Sinne verändern: Im Schnitt liegt er zehn Punkte hinter Santorum auf Rang drei, dicht gefolgt von Ron Paul.
Quelle: ntv.de