Analyse: Obamas Vorteil auf dem Wahl-Schlachtfeld Romneys zwiespältige Siege
07.04.2012, 15:13 Uhr
Romney auf Wahlkampftour: Auf der Karte offenbart sich seine Schwäche.
(Foto: REUTERS)
Die Nominierung ist Romney kaum noch zu nehmen, doch ein Blick auf die Karte offenbart seine größte Schwäche: Die meisten seiner Erfolge hat er in Staaten errungen, die 2012 wohl Obama gewinnen wird. Dazu schwächelt er auch noch im konservativen Stammland.
Demokratische Wahlen und Krieg sollten eigentlich nichts gemeinsam haben. Trotzdem klingt die Sprache es amerikanischen Wahlkampfes manchmal reichlich martialisch. Tage mit hohen Spendeneinnahmen mutieren zur "Money Bomb", und wenn Kandidaten besonders viele TV- und Radiospots schalten ist vom "Luftkrieg" die Rede (statt vom "Bodenkrieg" mit vielen Freiwilligen). Selbst der wichtigste Begriff für Wahlkampfstrategen könnte aus einem Lehrbuch der US-Streitkräfte stammen: "Battleground States", die Schlachtfeld-Staaten.
Die nämlich werden 2012 die Wahl entscheiden. 270 von insgesamt 538 Wahlmännerstimmen muss ein Kandidat mindestens bekommen, um Präsident der USA zu werden. Außerhalb der "Battleground States" sind sie im Prinzip schon verteilt: Kaliforniens 55 Wahlmänner gehen voraussichtlich an den Demokraten Obama, Texas' 38 dagegen an seinen republikanischen Herausforderer. In den "Battleground States" sind die Mehrheiten allerdings weniger klar verteilt, das macht sie so entscheidend.
Siege werden zu Niederlagen

13 Bundesstaaten und die Hauptstadt: Hier gewann 2008 Obama und 2012 Romney.
(Foto: Schöbel/n.tv.de)
Für Mitt Romney könnte diese Logik des Wahlkampfes allerdings zum großen Problem werden. Denn erstens liegt er laut aktuellen Umfragen (siehe Infokasten) in den meisten "Battleground States" zurück. Und zweitens hat er im bisherigen Vorwahlkampf vor allem dort gepunktet, wo Obama am stärksten ist - und verloren, wo er im Herbst auf jeden Fall gewinnen muss, um überhaupt eine Chance zu haben.
24 Bundesstaaten hat Romney im Kampf um die Nominierung der Republikaner bisher gewonnen. In 15 von ihnen wird er im Herbst große Probleme bekommen, die meisten sogar verlieren.
Obamas Bastionen
Aktuelle Umfragen, in Prozent
Landesweit
Barack Obama: 48
Mitt Romney: 43
Wisconsin
Barack Obama: 51
Mitt Romney: 40
Florida
Barack Obama: 46
Mitt Romney: 44
Virginia
Barack Obama: 47
Mitt Romney: 42
Ohio
Barack Obama: 46
Mitt Romney: 41
New Hampshire
Barack Obama: 46
Mitt Romney: 43
Pennsylvania
Barack Obama: 45
Mitt Romney: 41
Michigan
Barack Obama: 51
Mitt Romney: 38
Nevada
Barack Obama: 49
Mitt Romney: 42
North Carolina
Barack Obama: 49
Mitt Romney: 46
Quelle: Real Clear Politics
Obamas zwei Heimatstaaten zum Beispiel, Illinois (sein politisches Zuhause) und Hawaii (sein Geburtsort), werden wie schon 2008 an den Präsidenten gehen. In Illinois stimmten vor vier Jahren 63 Prozent der Wähler für ihn, in Hawaii sogar 72 Prozent. Macht zusammen 24 Wahlmänner.
Auch den eher kleinen Bundesstaat Washington, sowie die nordöstliche Ecke mit Vermont, Maine und New Hampshire waren 2008 sichere Siege für Obama. Genauso wie Maryland und Washington im District of Columbia.
Selbst Massachusetts, wo Romney einst Gouverneur war, wählte 2008 mehrheitlich demokratisch - so wie in allen Präsidentschaftswahlen seit 1984, als Ronald Reagan erdrutschartig gegen Walter Mondale triumphierte.
Romney schwach im "Rostgürtel"
Acht Staaten und die Hauptstadt: Zusammen machen sie 71 Wahlmännerstimmen aus. Um im Herbst seine Siege aus der Nominierungsschlacht zu wiederholen, müsste Romney hier intensiv Wahlkampf betreiben und Hundertausende Dollar ausgeben - Ressourcen, die er anderswo dringender brauchen wird.
Im Glücksspielstaat Nevada zum Beispiel, wo George W. Bush zweimal erfolgreich war, und Obama 2008 überraschend siegte. Oder im sogenannten "Rostgürtel" der USA, den Staaten Ohio, Michigan und Wisconsin. Allerdings konnte der selbsternannte "Arbeitsbeschaffer" Romney ausgerechnet hier, im industriellen Herzen der USA, nicht wirklich überzeugen. Im Auto-Staat Michigan gewann er die Vorwahl mit nur vier Prozent Vorsprung, in Ohio sogar nur mit 0,8 Prozent. Dabei gilt gerade Ohio als politische "Wetterfahne" des Landes: "As Ohio goes, so goes the nation", heißt das Sprichwort, wonach der "Buckeye"-Staat den Wahltrend des Landes wiederspiegelt. 2008 siegte Obama mit 51 Prozent der Stimmen gegen John McCain - und laut Umfragen liegt der Präsident auch jetzt wieder vorn.
Bangen um Santorum-Land
Auch der Blick nach Süden, die konservative Hochburg des Landes, wird Romney kaum beruhigen. denn hier offenbart sich seine größte Schwäche: Die Republikaner am rechten Rand misstrauen ihm, die meisten von ihnen bevorzugen den streng gläubigen Rick Santorum. Louisiana, Mississippi, Alabama, Georgia, Tennessee, South Carolina: Überall zog Romney den Kürzeren, vor allem gegen Santorum. Der nämlich punktet mit harter Rhetorik gegen Abtreibung, Homosexuelle und Verhütungsmittel - Themen, bei denen der eher moderate Romney ins Schwimmen kommt.
Virginia ging im Vorwahlkampf zwar klar an ihn, allerdings stand Santorum nicht auf den Wahlzetteln. Obama gelang hier vor vier Jahren die größte Überraschung, als er den konservativen Staat an der Atlantikküste gewinnen konnte - der erste Sieg eines demokratischen Präsidentschaftskandidaten seit 1964. Auch 2012 schaut sein Team deswegen wieder nach Virginia, sowie den südlichen Nachbarstaat North Carolina (wo sich Obama im September offiziell zum Kandidaten krönen lässt). Gewinnt er hier auch 2012, meinen viele Experten, ist ihm eine zweite Amtszeit fast sicher.
Letzte Hoffnung: Florida
Bleibt nur noch Florida, mit 29 Wahlmännerstimmen der wertvollste "Battleground State" von allen. Auch hier ändern die Wähler gerne ihre Meinung, stets ist das Ergebnis knapp. 2008 gewann Obama gegen McCain 51 zu 48 Prozent, vier Jahre davor siegte Bush gegen Kerry 52 zu 47 Prozent. 2012 werden die Republikaner hier ihren großen Nominierungsparteitag abhalten - ein Zeichen dafür, wie wichtig Florida in ihrer Planung ist.
Keine leichte Aufgabe also für Romney, der sich im langen Vorwahlkampf bereits eine Menge Beulen und Schrammen eingefangen hat. Seine Partei ist noch immer nicht ganz warm mit ihm geworden, viele Konservative muss er noch von sich überzeugen. Sie aber wird er im Herbst mindestens brauchen, um überhaupt eine Chance auf die Präsidentschaft zu haben.
Auch für diese Situation hat sich die Wahlkampfsprache der Amerikaner beim Militär bedient: Von einer "uphill battle" ist dann die Rede, der Kampf gegen ansteigendes Gelände. Schlachten wie diese wollen Strategen eigentlich vermeiden. Denn die meisten von ihnen gehen verloren.
Quelle: ntv.de