"Sieg für die Menschenrechte" USA: Chen darf wohl ausreisen
04.05.2012, 14:35 Uhr
Wachposten bei dem Tor zum Krankenhaus, in dem sich Chen zurzeit aufhält.
(Foto: AP)
China stimmt offenbar zu, den Bürgerrechtler Chen ohne Verzögerung Reisedokumente zu geben. Der Fall hatte die Beziehungen zwischen China und den USA stark belastet, weil Chen aus seinem Hausarrest in die US-Botschaft in Peking geflüchtet war.
China hat nach Angaben des US-Außenministeriums zugestimmt, den Bürgerrechtler Chen Guangcheng ohne Verzögerung Reisedokumente zu geben. Damit dürfte die Ausreise des 40-Jährigen unmittelbar bevorstehen. US-Außenamtssprecherin Victoria Nuland sagte, die USA würden dem blinden Dissidenten, seinen Frau und ihren zwei Kindern dann schnell ein Visum zur Einreise in die Vereinigten Staaten ausstellen. "Die US-Regierung erwartet, dass die chinesische Regierung den Antrag für diese Dokumente zügig behandeln wird", sagte Nuland. Der Fall sei im Geiste der kooperativen Partnerschaft behandelt worden.
Zuvor hatte sich bereits abgezeichnet, dass China Chen ziehen lassen will. Chen könne "genau wie jeder andere Bürger Chinas auch" ein Auslandsstudium beantragen, hatte das chinesische Außenministerium erklärt. Nuland wies darauf hin, dass Chen bereits die Zusage einer amerikanischen Universität hat.
US-Außenministerin Hillary Clinton begrüßte dieses Signal der Führung in Peking. "Heute wurden Fortschritte gemacht, was die Zukunft angeht, die er (Chen) will; und wir werden in Kontakt mit ihm bleiben", sagte Clinton auf einer Pressekonferenz. Im Laufe des Tages hätten Botschaftsvertreter und amerikanische Ärzte den Bürgerrechtler im Chaoyang Krankenhaus besuchen können. Auf Kritik am Umgang mit dem Bürgerrechtler sagte Clinton: "Wir sind sehr klar und beständig darin gewesen, seine Entscheidungen und unsere Werte zu befolgen."
Die US-Außenministerin sagte weiter: "Hier geht es nicht nur um bekannte Aktivisten, sondern um die Menschenrechte und Hoffnungen von 1,3 Milliarden Menschen in China." Der Fall Chen hatte die Beziehungen zwischen China und den USA stark belastet, weil Chen aus seinem Hausarrest in die US-Botschaft in Peking geflüchtet war.
"Ich bin in ernster Gefahr"
Chen hatte sich noch kurz zuvor besorgt um seine Sicherheit geäußert und um Hilfe gebeten. "Ich bin in ernster Gefahr", sagte der blinde Dissident am Telefon mehreren Nachrichtenagenturen. Er habe das Gefühl, dass die ganze Familie völlig ungeschützt sei.

Chen mit seiner Familie im Krankenhaus in Peking.
(Foto: dpa)
Seitdem er die US-Botschaft vor zwei Tagen verlassen habe, versuchten US-amerikanische Diplomaten mehrfach vergeblich, persönlich mit ihm in Kontakt zu treten. Sie wurden zunächst nicht in das Chaoyang-Hospital gelassen, in dem er sich zurzeit aufhält.
Dennoch konnte Chen Kontakt nach außen aufnehmen: Er wurde per Handy aus dem Krankenhaus in eine Sitzung des US-Kongresses geschaltet. Er erklärte den Kongressangehörigen, er wolle Clinton in Peking treffen. "Ich hoffe, von ihr mehr Hilfe zu bekommen. Ich möchte ihr zudem persönlich danken."
Der blinde Bürgerrechtler bekräftigte seinen Wunsch, in die USA reisen zu wollen. "Ich möchte in die USA kommen, um mich ausruhen zu können", sagte Chen in dem live im Fernsehen übertragenen Telefonat. Dies habe er zehn Jahre lang nicht tun können.
Unterstützer werden drangsaliert
Am meisten sorge er sich derzeit um die Sicherheit seiner Mutter und seiner Brüder, so Chen. Er wolle wissen, wie es ihnen gehe. Auch mache er sich Sorgen um all die Menschen, die ihm bei Flucht geholfen hätten.
Wie Anhänger und Verwandte Chens erklärten, wurden zwei Unterstützer von Beamten geschlagen, nachdem sie sich vor dem Krankenhaus versammelt hatten. Der Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong wurde nach Angaben seiner Frau so schwer verletzt, dass er fast taub sei. Seit Chens spektakulärer Flucht aus dem Hausarrest wurden bereits mehrere seiner Unterstützer festgenommen, darunter sein Bruder sowie eine Fluchthelferin.
Chinas Staatsmedien kritisierten, Chen sei "zum politischen Werkzeug böswilliger Kräfte" geworden, die gegen das politische System in China arbeiteten. Die chinesische Zeitung "Global Times" schrieb, es gebe "viele technische Hindernisse", wenn der Aktivist jetzt in die USA ausreisen wolle. In dem Kommentar wurden aber auch Probleme und Vergehen auf lokaler Ebene im Umgang mit Chen eingeräumt.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts