Völkermord-Vorwurf USA entschärfen Streit
06.03.2010, 15:23 UhrMit der Einstufung der türkischen Massaker an den Armeniern als "Völkermord" hatte der US-Kongressausschuss heftige Proteste in der Türkei ausgelöst. Ankara zog daraufhin umgehend seinen Botschafter ab, die bilateralen Beziehungen drohten sich zu verschlechtern. Jetzt lenkt Washington ein.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hatte Washington gewarnt.
Der Streit zwischen den USA und der Türkei um die Völkermord-Resolution zur Verfolgung der Armenier im Ersten Weltkrieg ist offenkundig entschärft. Wie die "Washington Post" berichtete, soll die umstrittene Resolution im US-Kongress nicht ins Plenum kommen. Darauf hätten sich die Regierung von Präsident Barack Obama und führende Abgeordnete geeinigt, schreibt das Blatt. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte in Istanbul, für sein Land werde die Resolution keine Folgen haben.
"Wir werden nichts verlieren", zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Erdogan. "Verlieren werden die, die aus Feindseligkeit und Rache heraus mit billigen Tricks arbeiten. Um es klar zu sagen, die Resolution des Auswärtigen Ausschusses im US- Repräsentantenhaus wird der Türkei in keiner Weise schaden."
Botschafter abgezogen
Der Ausschuss hatte kürzlich die während des Osmanischen Reichs 1915/16 verübten Gräuel an Armeniern als Völkermord bezeichnet. Ankara reagierte umgehend und rief seinen Botschafter aus Washington zu Konsultationen zurück. Die Türkei ist Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs und heute ein wichtiges NATO-Mitglied.
Nach Schätzungen kamen seinerzeit zwischen 200 000 und 1,5 Millionen Armenier im Osmanischen Reich ums Leben. Allerdings bestreitet die türkische Regierung mit aller Schärfe, dass es sich um einen Genozid gehandelt habe. Die Armenier hätten an der Seite des Kriegsgegners Russland gestanden, heißt es zur Erklärung in Ankara.
Der im Streit abberufene türkische Botschafter Namik Tan ist in seine Heimat zurückgekehrt. Nach seiner Landung in Istanbul habe der Diplomat erklärt, er solle Staatspräsident Abdullah Gül, Regierungschef Recep Rayyip Erdogan und Außenminister Ahmet Davutoglu zu Beratungen zur Verfügung stehen, berichteten türkische Medien. "Nach den Konsultationen werde ich zurückkehren, sobald dies angemessen erscheint", sagte Tan.
Quelle: ntv.de, dpa