Nicht jede Bank wird gerettet USA erwarten weitere Pleiten
08.10.2008, 22:18 UhrTrotz des umfangreichen Eingriffs der US-Regierung zur Rettung des Finanzsektors erwartet Finanzminister Henry Paulson weitere Bankenpleiten. "Wir müssen anerkennen, dass einige Finanzinstitutionen trotz der neuen Vollmachten des Finanzministeriums scheitern werden", sagte Paulson in Washington.
Der Minister betonte, dass das 700 Milliarden schwere Paket der Regierung darauf abziele, die Folgen von Bankenkrisen für die Gesamtwirtschaft abzudämpfen. Es sei aber nicht dazu da, "jede existierende Finanzinstitution um ihrer selbst willen zu retten".
Paulson regte zudem eine Konferenz mit Vertretern aus Industrie- und Schwellenländern an, um die weltweiten Folgen der Finanzkrise zu beraten. Das Treffen solle im Rahmen der G-20-Gruppe erfolgen, der reiche Länder ebenso angehören wie aufstrebende Volkswirtschaften des Südens. Dabei sollten hochrangiger Vertreter der Finanzministerien und Zentralbanken beraten, wie die Schäden der Finanzkrise begrenzt werden könnten. Zuvor hatten bereits mehrere europäische Regierungschefs ein internationales Treffen zur Finanzkrise gefordert.
Bush ruft Merkel an
In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel rief auch US-Präsident George W. Bush zur internationalen Zusammenarbeit in der Finanzkrise auf. Das Weiße Haus teilte mit, Bush habe Merkel angerufen, um mit ihr über die Maßnahmen der USA zur Stabilisierung der Märkte zu diskutieren. Thema sei auch gewesen, wie wichtig es sei, "dass alle Länder zusammenarbeiten, um unsere Maßnahmen angesichts der Probleme, vor denen die Weltwirtschaft steht, zu koordinieren", sagte Sprecherin Dana Perino. Ein Regierungssprecher in Berlin nannte ebenfalls keine weiteren Einzelheiten.
Die G-7-Industrieländer beraten derzeit über neue Spielregeln an den tief verunsicherten Finanzmärkten. Bei ihrem jährlichen Treffen am Freitag in Washington wollen die G-7-Finanzminister und -Notenbankchefs unter anderem neue Bilanzierungsregeln erwägen, um den Banken weitere Milliardenabschreibungen zu ersparen. Ein Gipfeltreffen der Regierungschefs der größten Volkswirtschaften der Welt soll noch 2008 stattfinden.
Deutschland plant "derzeit" keine Verstaatlichungen
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sieht derzeit keine Notwendigkeit für staatliche Übernahmen von Privatunternehmen in Deutschland. Der deutsche Bankensektor sei zwar "schlimm genug", aber bisher weniger stark von der Finanzkrise betroffen als in den USA oder in Großbritannien, sagte Steinbrück dem "Handelsblatt". Das könne sich aber ändern, da die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung "derzeit viel zu hoch" seien, fügte Steinbrück hinzu.
Konkreteres zu dem von ihm Anfang der Woche erwähnten nationalen Rettungsplan wollte der Finanzminister nicht sagen. Er befürworte allerdings ein "Instrumentarium für ein strukturiertes Krisenmanagement", sagte Steinbrück. Nur dann werde der Markt "Vertrauen zurückgewinnen".
Bundesregierung erwartet kaum noch Wachstum
Laut "Financial Times Deutschland" rechnet die Bundesregierung für das nächste Jahr kaum mit einem Wachstum der Wirtschaft. Die Prognose von 1,2 Prozent Wirtschaftswachstum werde derzeit "in Richtung Null" gesenkt, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Regierungs- und Koalitionskreise. Eine neue Prognose stehe noch nicht fest. Die Erwartungen der Regierung an das Wirtschaftswachstum bewegen sich dem Bericht zufolge jedoch in der Spanne zwischen null und 0,5 Prozent. Gründe für die starke Senkung seien die Finanzkrise und die nachlassende Nachfrage in wichtigen deutschen Absatzmärkten.
Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) wird die offizielle Prognose am 16. Oktober vorlegen. Sein Ministerium wollte zunächst keine Stellungnahme abgeben.
Quelle: ntv.de