Politik

US-Geheimdienst mit Nordfiliale USA lassen Norweger überwachen

Die US-Regierung heuert in Norwegen offenbar führende Ex-Polizeibeamte und andere Sicherheitsexperten an, um US-kritische Bürger im Norden auszuspionieren. Die Regierung in Oslo will vom fremden Geheimdienst im eigenen Land nichts gewusst haben.

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ein seltsames und womöglich illegales Zubrot für Polizei-Pensionäre: In Norwegen sollen hochrangige Ex-Beamte im Auftrag des US-Nachrichtendienstes SDU (Surveillance Detection Unit) Bürger ihres eigenen Landes ausspioniert und teilweise rund um die Uhr überwacht haben. Richtig unangenehm sind entsprechende Enthüllungen des Osloer Senders TV2 aber auch für die Regierung von Ministerpräsident Jens Stoltenberg: Wusste sie von den US-Aktivitäten im fremden Land und hat sie diese womöglich gedeckt, fragten Medien in Oslo.

"Wir haben davon nichts gewusst", erklärte zuerst Justizminister Knut Storberget und kurz danach auch Außenminister Jonas Gahr Støre. Sichtlich unwohl schien sich bei dieser Erklärung vor allem Støre zu fühlen. Denn er wusste erklärtermaßen schon, was aus dem Haus seiner US-Kollegin Hillary Clinton in Washington als Echo zu den Medienberichten aus Oslo zurückgekommen war: Man habe in voller Übereinstimmung mit den norwegischen Behörden agiert.

Tatsächlich deuteten auch erste Äußerungen von Polizeivertretern darauf hin, dass die Skandinavier von den US-Aktivitäten mit norwegischem Personal durchaus wussten, sie aber offenbar nicht für problematisch hielten. Waren doch eigene Ex-Kollegen in zum Teil leitender Funktion beteiligt. So sorgte nach dem TV2-Bericht auch der 71-jährige Ex-Chef der Antiterroreinheit der Osloer Polizei in US-Diensten dafür, dass Teilnehmer an US-kritischen Demonstrationen gefilmt und auch rund um die Uhr überwacht wurden.

SDU-Aktivitäten nicht nur in Norwegen

Jens Stoltenberg, Norwegens Ministerpräsident, lässt erklären, dass die Regierung nichts von den Aktivitäten gewusst habe.

Jens Stoltenberg, Norwegens Ministerpräsident, lässt erklären, dass die Regierung nichts von den Aktivitäten gewusst habe.

(Foto: picture alliance / dpa)

Daten zur Person reichten die Norweger aus einer angemieteten Dachetage nahe der US-Botschaft weiter an den dortigen Sicherheitschef. Und von dort gingen sie, wenn die Medienberichte stimmen, in die riesige US-Antiterrordatenbank SIMAS.

Von US-Seite wurde die Existenz der gut zehn Jahre alten Organisation SDU keineswegs bestritten. Sie soll auch in anderen Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten Aufklärung zur Verhinderung von Anschlägen auf Botschaften, Boftschaftsresidenzen und anderen US-Gebäude betreiben. Solche Sicherheitsinteressen seien völlig legitim, meinte der Chefredakteur von "Aftenposten", Kurt Stanghelle, in der Internetausgabe seiner Zeitung. Dafür könne man auch schon mal einen Demonstrationszug abfilmen lassen.

Stanghelle meinte weiter: "Aber es gibt ein extrem starkes Unbehagen, wenn man nicht weiß, wie dieses Material zum Einsatz kommt." Es gehe auch nicht an, dass ein Ex-Antiterrorchef in norwegischen Diensten eine geheime Überwachungseinheit für ein anderes Land aufbaut - im eigenen Land. Der Justizminister hat eine Regierungserklärung im Osloer "Storting" angekündigt.

Quelle: ntv.de, Thomas Borchert, dpa

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