Syrisches Flugzeug abgefangen USA stützen Erdogan
12.10.2012, 02:55 Uhr
Was transportierte die Maschine?
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die Türkei zwingt eine Passagiermaschine aus Moskau zur Landung und verhindert damit nach eigenen Angaben eine Waffenlieferung nach Syrien. Russland und Syrien kritisieren das Vorgehen der Türkei scharf. Doch Ministerpräsident Erdogan gibt sich unbeeindruckt. Washington hält zu seinem Verbündeten.
Im Streit um das abgefangene syrische Flugzeug haben sich die USA hinter die Türkei gestellt. "Wir unterstützen die Entscheidung der türkischen Regierung, das Flugzeug zu untersuchen", sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums. Türkische Kampfflugzeuge hatten einen Airbus A-320 der syrischen Fluggesellschaft SyrianAir am Mittwoch auf dem Weg von Moskau nach Damaskus zur Landung in Ankara gezwungen.
Dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zufolge enthielt die beschlagnahmte Fracht des Flugzeugs "Munition" und militärische Ausrüstung. Ein russischer Rüstungshersteller habe diese an das Verteidigungsministerium in Damaskus schicken wollen, sagte Erdogan. Die syrische Führung bestritt dies vehement und bezichtigte den türkischen Ministerpräsidenten der Lüge. Der Vorfall löste auch heftige Spannungen zwischen der Türkei und Russland aus. Der Kreml reagierte verärgert auf die Berichte, wonach Waffen für das Assad-Regime an Bord der in Moskau gestarteten Maschine beschlagnahmt worden seien. Präsident Wladimir Putin sagte eine für diesen Montag geplante Reise in die Türkei ab.
Die türkische Führung ließ offen, um welche Rüstungsgüter es sich konkret handelt. Auf einer Pressekonferenz in Ankara sprach Erdogan auf Türkisch von "Malzemeler". Das bedeutet auf Deutsch "Materialien". Weiter sagte er: "Niemand darf unter keinen Umständen Waffen, Fahrzeuge, Materialien oder Munition mit einem Passagierflugzeug transportieren. Das ist gegen die internationalen Bestimmungen." Dabei ging er aber nicht konkret auf die Ladung des syrischen Flugzeugs ein. Später durfte die Passagiermaschine in Ankara starten und Richtung Damaskus weiterfliegen. Keiner der Passagiere wurde festgenommen.
Syrien gibt sich empört
Nach russischen Angaben befanden sich 37 Menschen in dem am Mittwoch abgefangenen Flugzeug, darunter 17 russische Staatsbürger. Nach Erdogans Darstellung waren die beschlagnahmten Güter von einer russischen Behörde für Industrie und Chemie an das syrische Verteidigungsministerium adressiert gewesen. Sie würden nunmehr von einer türkischen Behörde genauer untersucht. Regierungsnahe türkische Medien hatten am Donnerstag berichtet, es seien 300 Kilogramm Empfänger, Antennen und Bauteile für Raketen beschlagnahmt worden.
Syrien reagierte empört auf den Zwischenfall. "Dies ist ein feindlicher Akt", erklärte das Außenministerium. Es seien "keine Waffen oder sonstigen verbotenen Waren" an Bord gewesen. Damaskus forderte die türkischen Behörden auf, die beschlagnahmte Ladung "vollständig und unbeschädigt" zu übergeben. Konkrete Angaben dazu, was sich im Frachtraum der Maschine befand, wurden nicht gemacht.
Die Maschine des Typs Airbus A-320 war am Mittwochabend von türkischen F-16-Kampfflugzeugen abgefangen und zur Landung auf dem Esenboga-Flughafen in Ankara gezwungen worden. Nach Angaben des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu lagen dem türkischen Geheimdienst Informationen über eine verdächtige Fracht vor.
Der syrische Verkehrsminister Mahmud Said bezichtigte die Türkei der "Luftpiraterie". Was die Türkei getan habe, widerspreche allen Regeln und Bestimmungen der zivilen Luftfahrt. Syrische Staatsmedien warnten die Türkei davor, "mit dem Feuer zu spielen".
Putin kommt später
Aus Moskau hieß es, es seien keine russischen Militärgüter an Bord gewesen. "Wenn ... (dann) würde das nach der üblichen Praxis geschehen - und nicht auf illegalem Wege oder noch dazu unter Nutzung eines Passagierflugzeugs", sagte ein Vertreter der russischen Rüstungsexportindustrie der Agentur Interfax.
Die Absage der Türkei-Reise begründete Putins Sprecher Dmitri Peskow mit Terminproblemen. Die Zeitung "Wedomosti" zitierte einen Kremlbeamten mit den Worten, Putin wolle sich in dem eskalierenden Konflikt zwischen Damaskus und Ankara nicht auf eine Seite stellen. Das Büro des türkischen Ministerpräsidenten teilte mit, Putin werde nun am 3. Dezember erwartet. Aus Russland war dazu zunächst keine Bestätigung zu erhalten.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa