Ecuadors Außenminister besorgt wegen Krise "Überall Nervosität zu spüren"
14.10.2011, 18:54 UhrEcuadors Außenminister Hacardo Patiño sorgt sich wegen der europäischen Finanzkrise. "Die Krise kann natürlich auch auf unser Land und ganz Lateinamerika übergreifen", sagt er im Gespräch mit n-tv.de. Er setzt aber auf die lateinamerikanische Solidarität, der Handel zwischen den Ländern Südamerikas habe sich bedeutend erweitert. Auf seiner jüngsten Reise durch Spanien spürt er bereits Auswirkungen der Krise.
n-tv.de: Welche Auswirkungen hat die Eurokrise auf Ihr Land und ganz Lateinamerika?
Ricardo Patiño: Die Krise kann natürlich auch auf unser Land und ganz Lateinamerika übergreifen. Wir erwarten aber, dass die Auswirkungen nicht so groß sind.

Außenminister Patiño hat in Mexiko und Spanien studiert und war an der sandinistischen Revolution in Nacaragua beteiligt.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Was kann geschehen?
Die Nachfrage sowohl nach ecuadorianischen wie auch gesamtlateinamerikanischen Produkten kann nachlassen. Ecuador führt immerhin 32 Prozent seines Nicht-Erdölexports in die Europäische Union aus. Aber wir sind durch einen lateinamerikanischen Schutzschild abgesichert. Der Handel zwischen den Ländern Lateinamerikas hat sich bedeutend erweitert. Heute ist die Lage anders als vor zehn Jahren.
In welcher Hinsicht?
Damals gingen 60 Prozent der Ausfuhren Ecuadors in die Vereinigten Staaten. Was immer in den USA passierte, schlug zehnmal härter auf unser Land durch. Heute führen wir nur noch 30 Prozent der Nicht-Erdölexporte dorthin aus.
Haben Sie die Krise auf Ihrer jüngsten Reise durch Italien, Spanien und Deutschland gespürt?
In Italien nicht so sehr, aber in Spanien. Da ist zunächst die steigende Arbeitslosigkeit; das Bauwesen ist paralysiert. Ich habe mich in Murcia (Regionshauptstadt im Südosten Spaniens, M.B.) mit ecuadorianischen Migranten getroffen. Sie beklagen die hohe Erwerbslosigkeit gerade im Bauwesen. Die Landwirtschaft ist von dieser Entwicklung allerdings ausgenommen.
Und Deutschland?
Bei Ihnen scheint die Situation nicht besorgniserregend zu sein. Aber ich bin besorgt, über das, was in Griechenland passieren kann. Im Moment scheint die Lage unter Kontrolle. Aber wenn sie sich weiter verschlechtert, die Probleme auf weitere Staaten und schließlich auch auf Frankreich und Deutschland übergreifen, dann wird es ernst. Schon heute ist überall Nervosität zu spüren.
Ihr Land hat ein in der Welt mit dem Yasuní-Projekt ein auf der Welt einzigartiges Vorhaben. In dem knapp 10.000 Quadratkilometer großen Nationalpark herrscht eine der größten Artenvielfalten weltweit. Ihre Regierung will auf die Ausbeutung der dort lagernden riesigen Erdölreserven verzichten, wenn die internationale Gemeinschaft über 13 Jahre verteilt pro Jahr 350 Millionen Dollar zahlt, denn geschätzte 13 Jahre könnten dort täglich weit mehr als 100.000 Barrel Öl täglich gefördert werden. Wie ist der Stand?
Viele Länder, internationale Organisationen einschließlich der UNO fragen uns täglich, wie es vorangeht. Das Problem sind die Finanzen. Da gibt es kaum etwas.
Gilt dies auch für Deutschland?
Ja. Außer 60 Millionen Dollar (im Rahmen des internationalen REDD-Waldschutzabkommens, Anmerkung der Redaktion). Wir aber möchten 350 Millionen jährlich über 13 Jahre verteilt. Wir setzen aber große Hoffnungen in die Zivilgesellschaft, in Umweltschutz- und Entwicklungsorganisationen, in linke und rechte Parteien. Der Umweltschutz sollte keine ideologischen Grenzen kennen. Und natürlich auch in die Privatwirtschaft.
Quelle: ntv.de, Mit Ricardo Patiño sprach Manfred Bleskin