Gräuel in Syrien Überläufer packen aus
09.07.2011, 23:32 Uhr
Syrische Soldaten auf einem Panzer bei Khibet.
(Foto: dpa)
Syrische Offiziere sollen Soldaten zwingen, unbewaffnete Demonstranten zu erschießen. Dies berichten übergelaufene Soldaten laut Human Rights Watch. Wer sich widersetzt, muss demnach damit rechnen, selbst getötet zu werden. Ihre Vorgesetzten hätten ihnen gesagt, dass sie gegen "Eindringlinge, Salafisten und Terroristen" kämpften.
Offiziere der syrischen Armee sollen nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) Schießbefehl gegen unbewaffnete Demonstranten erteilt haben. Das geht aus einem Bericht hervor, für den die Organisation nach eigenen Angaben acht in die Nachbarländer Türkei, Libanon und Jordanien geflüchtete Soldaten befragt hat. Wer sich dem Befehl widersetze, müsse damit rechnen, selbst getötet zu werden, berichtete die Menschenrechtsorganisation.
Sie hätten den Befehl erhalten, "Demonstranten zu erschießen", um diese auseinanderzutreiben, werden die Überläufer in Beirut verbreiteten Bericht zitiert. Ihre Vorgesetzten hätten ihnen gesagt, dass sie gegen "Eindringlinge, Salafisten und Terroristen" kämpften, berichteten laut HRW zwölf Deserteure übereinstimmend. Sie seien "überrascht" gewesen, stattdessen nur "unbewaffnete Demonstranten" angetroffen zu haben.
"Die Aussagen dieser Überläufer sind ein weiterer Beleg dafür, dass das Töten von Demonstranten kein Zufall, sondern das Ergebnis einer vorsätzlichen Politik führender Verantwortlicher in Syrien ist", sagte die für den Nahen Osten zuständige HRW-Direktorin Sarah Leah Whitson.
Nationaler Dialog soll starten

Syrische Sicherheitskräfte greifen hart durch.
(Foto: AP)
In Syrien soll am Sonntag der von Präsident Baschar al-Assad angekündigte mit der Opposition beginnen. Das Problem ist nur: Die meisten bekannten Regimekritiker wollen nicht teilnehmen, so lange Soldaten und Milizionäre auf Demonstranten schießen. Unter dem Motto "Nein zum Dialog" waren am Freitag landesweit Zehntausende von Assad-Gegnern auf die Straße gegangen.
Was die syrische Regierung anbietet, sind Gespräche zur Vorbereitung einer großen Reformkonferenz. Bei dieser Konferenz soll es dann um eine Verfassungsänderung, ein Parteiengesetz und ein neues Wahlgesetz gehen. Doch das Misstrauen der Regimegegner ist groß. Die meisten von ihnen halten den Dialog, der von Vizepräsident Faruk al-Scharaa geleitet werden soll, für eine Propagandaveranstaltung.
Seit Beginn der Protestwelle gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Mitte März wurden nach Angaben von Menschenrechtlern mehr als 1750 Menschen getötet. Die hatte erst kürzlich einen Bericht veröffentlicht, in dem Staatsterror und Folter durch die syrischen Sicherheitskräfte dokumentiert sind. Dazu zählen Folter mit Elektroschocks, Schüsse auf Flüchtlinge und Schläge im Krankenhaus.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts