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"Geht um Verlässlichkeit" Baerbock fordert Umdenken bei Rüstungsexporten

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"Wir dürfen durch Rüstungsexporte nicht das konterkarieren, was wir außenpolitisch aufbauen", sagte Baerbock.

(Foto: picture alliance/dpa)

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Der russische Angriffskrieg habe deutlich gemacht, dass die Rüstung der EU-Staaten "nicht automatisch kompatibel" sei, kritisiert Außenministerin Baerbock. Dies solle sich nun ändern. Zudem brauche es eine gemeinsame, verantwortungsvolle Linie bei Waffenexporten - ohne Schlupflöcher.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat eine Überarbeitung der Regeln für Rüstungsexporte im europäischen Rahmen gefordert. "Wir erarbeiten jetzt mit unseren Partnern eine Strategie, wie wir auch im Rüstungsbereich industriepolitisch stärker kooperieren können", sagte Baerbock der "Welt". "Das bedeutet auch, dass wir eine gemeinsame Linie für Exporte brauchen."

Zwar arbeiten die europäischen Staaten innerhalb der EU und der NATO bei Sicherheits- und Verteidigungsfragen schon lange eng zusammen, man habe sich in den vergangenen Jahren allerdings zu wenig damit auseinandergesetzt, "was eigentlich Wehrhaftigkeit bedeutet", so die Ministerin. Der russische Angriffskrieg habe den Staaten nun gezeigt, dass Munition und Ausrüstung nicht automatisch miteinander kompatibel seien.

Die stärkere Zusammenarbeit in der Rüstungspolitik schließe demnach auch die Exporte mit ein. Dabei gehe es unter anderem um die Verlässlichkeit aller Partner, sagte Baerbock dem Blatt weiter. Sie ließ demnach keinen Zweifel daran, dass sie dabei auch an Deutschland denke: Sie habe in ihrer eigenen Partei "intensive Diskussionen dazu geführt, dass bei europäischen Gemeinschaftsprojekten nicht ein Land erst Verträge unterschreiben kann, auf deren Bindung sich die Partner verlassen, und dann sagt, uns ist nachher noch was eingefallen", sagte die Außenministerin.

"Sterben im Mittelmeer ist Europas offene Wunde"

Baerbock forderte auch, menschenrechtliche Aspekte einheitlicher zu berücksichtigen. "Wir dürfen durch Rüstungsexporte nicht das konterkarieren, was wir außenpolitisch aufbauen", sagte Baerbock. "Wenn wir Bombardements von Zivilbevölkerung aufs Schärfste verurteilen, können wir nicht zugleich die Munition dahin exportieren."

Darum würden "gemeinsame europäische Regeln, wohin exportiert wird" benötigt sowie Klarheit darüber, "was geschieht, wenn schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen werden, ob man sich dann aus erteilten Exportgenehmigungen auch zurückziehen kann", führte sie aus.

Zudem beklagte die Außenministerin die Unstimmigkeiten innerhalb der EU über die gemeinsame Migrationspolitik. "Das Sterben im Mittelmeer ist Europas offene Wunde, weil wir es nicht geschafft haben, zu einer gemeinsamen Migrations- und Flüchtlingspolitik zu kommen", sagte Baerbock der Zeitung. "So schwer es ist, müssen und werden wir weiter hart an einer gemeinsamen Position arbeiten. Wir dürfen die Staaten an der Außengrenze nicht allein lassen, weder mit den Menschen, die aus Seenot gerettet wurden, noch mit den Menschen, die an den Außengrenzen ankommen, aber keinen Anspruch auf Asyl haben und zurückgeführt werden müssen."

Europäische Seenotrettung "wichtig"

Baerbock war gefragt worden, ob die EU wieder eine Seenotrettungsmission brauche, um zu verhindern, dass Dutzende Menschen im Mittelmeer ertrinken - wie kürzlich vor der italienischen Küste. Dazu sagte Baerbock: "Wir brauchen gemeinsame Verantwortung und müssen die Solidarität stärken. Darum ist es aus meiner Sicht so wichtig, dass es eine europäische Seenotrettung gibt." Dies hatten Grüne, SPD und FDP auch im Koalitionsvertrag festgelegt.

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Die EU-Staaten streiten seit Jahren über ihre Migrationspolitik. Im Kern geht es um die Frage, ob und wie Schutzsuchende in der EU verteilt werden. Weil es kein Vorankommen gibt, haben die Länder sich zuletzt vor allem auf besseren Grenzschutz und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten konzentriert. Seit Jahren sind zivile Organisationen - auch aus Deutschland - im zentralen Mittelmeer im Einsatz, um mit ihren Schiffen Migranten und Geflüchtete aufzunehmen.

Baerbock betonte im Interview mit der "Welt" zudem erneut, Deutschland werde die Ukraine "solange wie nötig" mit Waffenlieferungen unterstützen. Man arbeite Tag und Nacht an Frieden, fügte sie hinzu. Dieser sei auf Dauer nicht allein militärisch zu erreichen. Allerdings wären Verhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht viel mehr als Erpressung, da "der russische Präsident der Ukraine die Waffe an den Kopf hält", sagte die Ministerin.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 20. März 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, spl/dpa/rts

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