Politik

Spätabtreibungen erschweren Union bringt neue Initiative

Nach jahrelangen Bemühungen will die Union ihren Vorstoß zur Verringerung von Spätabtreibungen auf den parlamentarischen Weg bringen. Der Gruppenantrag soll an diesem Mittwoch in den Bundestag eingebracht und möglichst noch in diesem Jahr in erster Lesung beraten werden. Das kündigte der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Johannes Singhammer, in Berlin an. Bislang hätten 184 Abgeordnete den Gruppenantrag unterzeichnet.

Union und SPD hatten sich nicht auf eine gemeinsame Initiative einigen können. Die frühere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) unterstützt jedoch den Antrag. Die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Kerstin Griese (SPD), lehnte das Unions-Konzept weiter ab und prüft derzeit einen eigenen Gruppenantrag. Kritik kam auch von Frauenärzten.

Mit ihrem Antrag zielt die Union auf eine Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Der Koalitionsvertrag sah einen Prüfauftrag vor. Nach den Worten Singhammers herrscht Übereinstimmung darüber, dass die Zahl der Spätabtreibungen verringert werden muss. Es gehe darum, schwangeren Frauen in einer existenziellen Situation zu helfen und "neue Lebenschancen" für die ungeborenen Kinder zu eröffnen, bei denen eine Behinderung vermutet werde.

Voraussetzung für eine Spätabtreibung ist eine Gefahr für den körperlichen und seelischen Zustand der Mutter. In der Praxis geht es aber meist um Fälle, in denen eine schwere Behinderung des Kindes droht. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 229 Schwangerschaften nach der 22. Woche abgebrochen.

Beratungen und Bedenkzeit

Der Unions-Gesetzentwurf will den Arzt, der eine Behinderung oder schwere Erkrankung diagnostiziert, zu einer Beratung für die Schwangere verpflichten. Diese muss er auch dokumentieren. Zwischen der Beratung und einem möglichen Abbruch sollen drei Tage Bedenkzeit stehen. Kommt der Arzt der Pflicht nicht nach, droht ihm ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro. Mit der Bundesärztekammer sei dies abgestimmt, sagte Singhammer.

Die SPD-Politikerin Schmidt erklärte, in dem Antrag werde weder Schwangeren Leichtfertigkeit unterstellt, noch würden ihnen zusätzliche Pflichten aufgebürdet. In dieser "Schocksituation" müsse die Frau wissen, dass sie ein Recht auf psychosoziale Betreuung habe.

Die SPD-Familienpolitikerin Griese erklärte, mit einem eventuellen eigenen Gruppenantrag wolle sie erreichen, dass Ärzte verpflichtet seien, behindertes Leben als gleichwertig zu akzeptieren und für optimale Hilfen zu sorgen. Die FDP-Bundestagsfraktion kündigte einen eigenen Antrag an.

An der Realität vorbei

Scharfe Kritik kam von den Frauenärzten. Der Entwurf beschädige das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patientin, kritisierte der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Frauenärzte-Verbandes, Werner Harlfinger. Bereits jetzt seien Mediziner dazu verpflichtet, Schwangere, die möglicherweise ein behindertes Kind austragen, ausführlich zu beraten.

Auch die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Karin Evers-Meyer (SPD), kritisierte den Gruppenantrag. "Die heutige Gesetzeslage reicht für diese schweren Konfliktfälle vollkommen aus", sagte sie der "Saarbrücker Zeitung". Was die Union einführen wolle, sei Augenwischerei. Das größte Problem für Eltern sei, nach der Geburt eines behinderten Kindes keine umfassende Hilfe zu bekommen. So gebe es kaum Krippenplätze für behinderte Säuglinge und nur sehr wenige integrative Kindergärten und Schulen.

Quelle: ntv.de

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